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Sonntag, 26. April 2020

Athleticker, April 2020




Rezension


Athleticker
So tickt die Kurve
April 2020
46 S.









Ein halbes Jahr nach dem letzten Heft erschien die fünfte Ausgabe des Fanzines der Landstrassler des LASK, doch diesmal aufgrund der Umstände des Wegfalls des Fußballs in der Coronaviruskrise nur online. „In Zeiten von Corona-induzierter (in der restlichen Ausgabe wird dieser unsägliche Virus in keinem Wort mehr erwähnt, versprochen) Quarantäne, Selbstisolation und Einsamkeit vertreiben die folgenden Berichte vielleicht zumindest für einige Momente die Langeweile.“ heißt es im Vorwort.

Ein besonderes Schmankerl bietet erneut der Geschichtsrückblick in die Europacup-Vergangenheit von einem Zeitzeugen. Er erzählt von der Auswährtsfahrt zu Baník Ostrava 1985. Zwölf Fans wagten es, die Reise in den Ostblock anzutreten und im Bus der Mannschaft mitzufahren. Der Verein übernahm die Abwicklung der Einreiseformalitäten und Visa. Der Autor betätigte sich auch als Schmuggler, indem er der Oma einer Freundin Lebens- und Genussmittel über die Grenze mitbrachte und dafür im Gegenzug Porzellan für die Rückreise nach Linz erhielt. Von der Stadt Ostrava gewann man einen positiven Eindruck, „hatten wir doch stets das Bild der grauen, tristen sozialistischen Stadt vermittelt bekommen. Stattdessen standen wir auf einem wunderschönen, lebendigen Stadtplatz, der sich in seiner Form bis heute kaum veränderte. Außerdem waren in der ganzen Stadt verteilt Ankündigungsplakate zu sehen, die der Bevölkerung das Spiel gegen ‚LASK Linec‘ anpriesen.“ Die Aufnahme der Gäste im Stadion Bazaly war freundlich, trotz des LASK-Siegs und Weiterkommens im UEFA-Cup: „Nach dem Spiel belagerten viele junge Burschen unseren Bus um Nettigkeiten auszutauschen, allerdings im wörtlichen Sinne: Sie wollten Schals tauschen und sich von den Spielern Autogramme holen. Andere Zeiten, andere Sitten.“

Im Fanzene-internen Interview ist diesmal nach einer Gruppe im letzten Heft der Athletik-Sprühklub zu Gast, also die Sprayer. Gefragt zur Präsenz ihrer Graffiti auch außerhalb der Stadtgrenzen von Linz sagen sie etwa: „Eine einfache Frage, welche sich sehr gut mit der allgemeinen Anhängerstruktur des LASK erklären lässt. Wie die breite Masse an LASK-Fans, sind auch die Leute unserer Gruppe nicht nur in Linz wohnhaft, sondern auf den gesamten Zentralraum verteilt.“ Erschreckend ist die Erzählung, dass vor der Polizei flüchtenden Sprayern einmal tatsächlich „Stehenbleiben, oder ich schieße!“ nachgerufen und Warnschüsse abgefeuert wurden. Schusswaffengebrauch wegen Farbe an der Wand!

In einem interessanten Rückblick wird das vergangene Jahrzehnt reflektiert. Beginnend mit LASK-Rapid am 12.2.2010 mit Halbzeit-Stimmungsboykott über das erste Linzer Derby nach dem LASK-Abstieg 2011, anlässlich dessen man zu den Linzer Verhältnissen feststellt: „Dass die Machtverschiebungen im Laufe des Jahrzehnts immer mehr zu einem Gewaltmonopol des Glorreichen bis hin zum allgemeinen Selbstverständnis einer schwarz-weißen Hegemonialmacht führen sollten, ist aus heutiger Sicht unstrittig.“ In der Regionalliga angekommen trat der LASK 2012 in Vöcklamarkt an.
„Da bereits im Vorfeld absehbar war, dass man sich auf Seiten des Heimpublikums mit fremden Federn schmücken würde, ergriff man die Möglichkeit, die beschauliche Marktgemeinde der geballten Stahlstädter Asozialität auszusetzen. ‚Fans des LASK verbreiteten in Vöcklamarkt Angst und Schrecken‘ titelte eine renommierte österreichische Tageszeitung darauf. Pflicht erfüllt.“
An die Kuriosität des Austragungsort des Spiels Austria Salzburg gegen den LASK in Wien-Floridsdorf 2015 wird erinnert und dies als „Highlight der etwas anderen Art und Weise des abgelaufenen Jahrzehnts“ bilanziert (in der Rückrunde wurde diese Begegnung 2016 in St. Pölten ausgetragen, was hier aber nicht vorkommt). Gebührenden Platz nehmen in der Aufzählung markanter Spiele des Jahrzehnts natürlich auch das fest in Erinnerung gebliebende Cup-Semifinale in Hütteldorf 2017 ein oder die erste Europacupauswärtsreise in zwei Jahrzehnten nach dem Hinspielsieg gegen Lillestrøm 2018 sowie das Auswärtsspiel in Basel 2019.

Eine schöne Sache in Fanzines ist es, sich mit eigenen Fangesängen näher auseinanderzusetzen. Dieser heute oft verschüttete Gedanke, dazu ein wenig Hintergründe zu bieten, wird hier mit einem 2010 erfundenen und seither oft zu hörenden Gesang umgesetzt. Weiters gibt es im Heft einen Comic und im Rahmen einer Mediensatire verpackt einen Aufruf zur Unterstützung der Rettungskampagne für den Ballesterer rettet.den.ballesterer.at.

Grundsätzliche Worte zum Verhalten im Fanblock finden sich auch im Athleticker − hier zum Becherwerfen. Als „wichtigster aller Gründe“ (nach mehreren anderen durchdiskutierten Punkten) wird genannt: „Man schüttet ganz einfach kein Bier weg.“ Wie es sich mit Fischen verhält, wird leider nicht geklärt.

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