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Mittwoch, 30. Juni 2010

When Saturday Comes, 281


Rezension


When Saturday Comes
The Half Decent Football Magazine
Issue 281, July 2010
46 S.






Das heurige Champions League Finale war das erste, das nicht an einem Mittwochabend, sondern an einem Samstag stattfand. Alan Tomlinson berichtet, daß es andere Gründe dafür gab als die pathetisch von der UEFA und Michel Platini angegebene Motivation, dadurch zu ermöglichen, daß auch Kinder das Spiel sehen können. Mit der Ansetzung an einem Samstag erreichte man ein viel größeres TV-Publikum in Asien. Bereits in der Saison 2006/07 schauten dort mehr Menschen die Spiele als in Europa. Es geht um Geld.

Über den Fall des Wiener FC Sans Papiers schreibt Paul Joyce. Der 2002 gegründete Fußballverein bietet vornehmlich afrikanischen Asylwerbern eine Perspektive. Traurige Berühmtheit erreichte er, als im April dutzende Polizisten überraschend eine Razzia bei einem Training abhielten und zwei Spieler in Schubhaft genommen wurden. Eine Demonstration versuchte später erfolglos ihre Abschiebung zu verhindern. Nun steht man vor dem Ende des Projekts, in das die Spieler das Vertrauen verloren haben, wie Vereinsgründer Di-Tutu Bukasa sagt. Eines der Bilder zur Illustration des Artikels durfte ich von meinem jüngsten Spielbesuch auf WSC-Anfrage hin beisteuern.

Montag, 28. Juni 2010

Vienna Türkgücü - Vienna Celtics 1:4 (1:3)

Wien, 1. Klasse A, 26. Runde, 27.6.2010
Rag-Platz, 25

Immerhin hat Türkgücü im Unterschied zu voriger Woche diesmal ein Goal gemacht. Der kurzfristige Ausgleich zum 1:1 hat die klare Niederlage des Vienna Türkgücü SKV (Sport- und Kulturverein) gegen RSC Vienna Celtics allerdings auch nicht abwenden können. RSC steht übrigens für "Remarkable Sporting Club".
Uwe Mauch nennt den neben dem Hochhaus Florido-Tower gelegenen Rag-Platz "seit Jahrzehnten dahin dämmernd".















Rapid - Sanfrecce Hiroshima 3:2 (1:1)

Testspiel, 26.6.2010
Sportplatz Sollenau, ca. 1.000

Ein für ein Testspiel bemerkenswertes, beiderseits gutes Match von Rapid gegen den japanischen Erstligisten. Hat richtig Spaß gemacht am 1978-1981 errichteten Sportplatz im niederösterreichischen Sollenau.
Die Freude konnte auch der grenzwertige Platzsprecher nicht verderben. Selten so eine Fehlbesetzung gesehen. Offenbar DJ von Beruf, denn er spielte kundig Dodeldiscomusik, sang dazu mit und pries die hiesige Disco an. War das einfach nervend, disqualifizierte er sich vollends, als er bei der Aufstellung mit Verve Peter Stöger statt Peter Pacult als Rapid-Trainer ankündigte und dies als Scherz abtat. Auch das Abspielen der beiden Nationalhymnen (warum?) vor Spielbeginn war seltsam.
Der Name der Stadt Hiroshima wird immer mit einem Datum verbunden sein: Am 6. August 1945 um 8:15 Uhr starben hier durch den Abwurf der ersten Atombombe sofort zwischen 90.000 und 200.000 Menschen sowie bis Jahresende 1945 weitere 140.000 Menschen. Bis heute sterben damalige Einwohner/innen Hiroshimas an Krebserkrankungen infolge der Strahlung. Inklusive der Spätfolgen starben bis zu 98 Prozent der Menschen in der Stadt.
Der Verein Sanfrecce Hiroshima wurde 1992 anläßlich der Einrichtung der Profiliga "J. League" neu gegründet. Der Vorgängerverein war die 1938 entstandene Werksmannschaft des Mazda-Konzerns, die 1965 die erste japanische Meisterschaft gewonnen hatte. Der 1992 gewählte Name Sanfrecce ist ein Hybrid aus dem japanischen Wort san für drei und dem italienischen frecce für Pfeil. Eine Symbolik von drei Pfeilen, hier auf eine Samurai-Sage aus dem 16.Jh. zurückgehend, kannte ich bisher nur aus anderem Traditionszusammenhang.



























Mittwoch, 23. Juni 2010

Ein halbes Jahrhundert am Ball



Rezension


Roman Horak
Ein halbes Jahrhundert am Ball
Wiener Fußballer erzählen
Wien 2010 (Löcker Verlag)
229 S.





Der Kulturwissenschaftler Roman Horak führte vor zwanzig Jahren für ein Forschungsprojekt Interviews mit Legenden der besten Zeit des Wiener Fußballs von 1920 bis 1970. Nun wurden sie veröffentlicht und zeichnen ein sehr lebendiges Bild der damaligen Zeit. Durchgehender roter Faden aller Schilderungen ist die Feststellung, daß früher alles besser war. Für Horak "eine rhetorische Wendung, die zur Grundausstattung der Rede des gegenwärtigen Fußballfreundes zählt", sie sei wahrscheinlich "unabdingbarer Bestandteil des Fußballdiskurses per se".

Die Erzählungen haben natürlich großen nostalgischen Wert, der das Buch sehr kurzweilig macht. Der große kulturelle Unterschied im Vergleich zu heute ist die damalige Allgegenwart des Fußballs, wie sie Karl Decker (1921-2005), Spieler der Vienna von 1938-1952 und legendärer Teamchef der Nationalmannschaft Anfang der 60er Jahre, schilderte: "Zu dieser Zeit war das einfach der billigste Sport. Ein Tennisball oder ein 'Fetzenlaberl' hat 20 Leute auf der Gasse unterhalten. Was hätten wir zu dieser Zeit schon anderes unternehmen können? Da und dort hatten wir ein Fußballfeld, haben uns zusammengerottet und Fußball gespielt."

Auch später dann, bei den Vereinen, kam der Spaß nicht zu kurz. So erzählte der 1926 geborene Alfred Körner, der auch heute noch jede Versammlung von Rapid, auf der er auftritt, mit seinen Anekdoten zu Begeisterungsstürmen bringt, von der Geselligkeit: "Nach dem Match waren wir beim Wirten, da mußte man keinen dazu zwingen, die Spieler haben sich darum gerauft! Wir hatten auch unseren Herrentag, da konnte uns keine Frau halten, da waren wir alle beisammen. Das hat sich alles geändert, jetzt trainieren sie ja schon am Montag, nicht wahr." Eine andere Zeit. Teambuilding würde man das heute nennen. Beisl und Heurigen entsprechen allerdings dafür nicht mehr dem letzten Stand der Trainingslehre.

Es gab aber auch früher nicht nur Sonnenschein im Fußball. Karl Decker erzählt, wie Vereine auf Kosten der Spieler wirtschafteten: "Es gab keinen Vertrag. Das war eine Gemeinheit von diesen Klubs, dass die Spieler nicht angemeldet waren. Später mußten wir dann um unsere Pension kämpfen. Ich habe das auch lange nicht kapiert, aber dann bin ich draufgekommen, als ich um 1950 herum nebenbei eine Firma gegründet hatte, da dachte ich mir: 'Halt. Da stimmt doch etwas nicht.' Sonst wäre ich genauso im Dreck gewesen, wie viele andere Fußballer."

In sportlicher Hinsicht am bemerkenswertesten ist die Veränderung von Position und Aufgabe des Trainers im Lauf der Jahrzehnte. So meinte der Austrianer Karl "Vogerl" Geyer (1899-1998): "Der Trainer kann dem Spieler etwas sagen, aber er soll ihn nicht dirigieren. Entweder man ist ein Mann, der den Geist hat und die Situation beherrscht − jetzt muss ich dies oder das machen − oder man ist es eben nicht." Über seine Zeit als (erfolgreicher) Trainer des WAC: "Ich habe den Spielern gesagt: 'Burschen, geht hinaus und spielt Euer Spiel!'. Ich sagte wohlgemerkt 'Euer Spiel' und nicht 'mein Spiel'! Und das kritisiere ich heute, es wird zuviel eingeschachtelt, bürokratisiert. Künstler darf man auch nicht einschränken, die wollen das nicht, die wollen sich ihre eigenen Gedanken machen."
Ins selbe Horn stießen auch andere der Interviewten. Der ehemalige Wacker-Spieler Ernst Reitermaier (1918-1993) sagte gar: "Ich habe das Gefühl, die müssen sich ja schon grausen vor dem Ganzen. Ich könnte mir auch nicht vorstellen, wenn wir früher diese ganzen Lehreinheiten an der Tafel hätten machen müssen, das hat es ja früher überhaupt nicht gegeben, da hat sich alles auf dem Spielfeld abgespielt."
Heute geht ohne taktische Konzepte gar nichts mehr. Allerdings sind auch die wenigsten Kicker mit Künstlern zu vergleichen.

Man sollte frühere Zeiten nicht verklären, auch wenn es naheliegt. Gerade der O-Ton der Akteure jener Zeit über Licht und Schatten macht das Buch zu einem gelungenen Beitrag zum Diskurs des "früher war alles besser".

Sonntag, 20. Juni 2010

Florio - Vienna Türkgücü 7:0 (6:0)

Wien, 1. Klasse A, 25. Runde, 20.6.2010
Sportplatz Eibesbrunnergasse, 30

In der ersten Spielhälfte entwickelt sich ein wahrer Kantersieg des SC Florio gegen den Vienna Türkgücü SKV (Sport- und Kulturverein). Die Torflut setzt sich zwar in der zweiten Halbzeit nicht fort, doch der recht einseitige Spielverlauf bleibt bestehen. Florio wurde 1923 gegründet, die Sportanlage in Favoriten ist jüngeren Datums.















Mannsdorf - Rapid 2:6 (1:2)

Testspiel, 19.6.2010
Sportplatz Mannsdorf, 1.700

Ein Spiel in der frühen Phase der Vorbereitung, wo alles noch ein bisserl zäh ist. Das Konditionsschinden steckte offensichtlich noch in den Knochen. Die Kicker des erst 25 Jahre alten SC Mannsdorf, Meister der niederösterreichischen Gebietsliga Nord/Nordwest, wirkten frischer.



















Mittwoch, 16. Juni 2010

11 Freunde, 103


Rezension


11 Freunde
Magazin für Fußballkultur
Nr.103, Juni 2010
194 S. + 194 S.






Sehr viel Lesestoff bringt das WM-Sonderheft von 11 Freunde. Die in Summe aus Hauptheft und Beilage fast 400 Seiten wollen erst einmal durchgeackert werden. Es zahlt sich aus.

Christoph Biermann und Thorsten Schaar führen ein aufschlußreiches Interview mit Pierluigi Collina über die Vorbereitung des Schiedsrichters durch gezielte (Video-)Analyse vorheriger Spiele der Teams. Vom Stellungsspiel − "Das 4-4-2-System etwa sorgt für einen grundlegend anderen Spielfluss als ein 4-2-3-1. Wenn ich aber weiß, wie die Mannschaften spielen, bin ich dadurch in der richtigen Position." − bis zu den Standardsituationen: "Im modernen Fußball verwenden Trainer eine Menge Zeit darauf, verschiedene Varianten einzuüben. Also muß ich wissen, welche Spieler bei Eckbällen und Freistößen die Blocks vorbereiten, um andere möglichst gut in Position zu bringen."

Sehr schön der breite Raum für die photographische Arbeit von Jens Heilmann, der die Bälle der vergangenen WM-Endrunden seit 1930 herrlich ins Bild rückte. Der Bildband ist ja mit 500 Euro doch etwas teuer. Spannend dazu der Bericht über die Entstehung der Fotos und Verifizierung der Echtheit der Bälle.

Stefan Osterhaus beleuchtet, wie FIFA und Weltmeisterschaft von João Havelange und Sepp Blatter von einem Fußballverband und einem Fußballturnier zu einem Unternehmen verwandelt wurden, das nicht den Sport, sondern Geld und Machterhalt im Zentrum hat. Dazu gibt es im Heft weiters u.a. das jährliche Interview mit Rudi Völler (zuletzt in Nr. 98 und in Nr. 83), einen schönen Text von Julia Macher über Andrés Iniesta und einen guten Artikel über das seit einem Putsch 2009 von politischer Unruhe und Gewalt gezeichnete Honduras von Erika Harzer.

In der Beilage im kleinen Taschenbuchformat gibt es Wissenswertes zu den Mannschaften und Ländern in kompakter Form. Ein nettes Nachschlagewerk. Seltsam mutet allerdings die wohl camoufliert von einem Reiseveranstalter gesponserte Vorstellung der WM-Orte an, wo auf Hotels ("Günstiges Hostel mit Dorms und großen 2-Bett-Zelten. Guter Startpunkt für Elefanten-Safaris") und nahe Golfplätze ("Für alle, die auch während einer Fußball-WM abschlagen wollen.") hingewiesen wird.

Montag, 14. Juni 2010

FavAC - Ankerbrot 5:1 (3:0)

Wiener Liga, 28. Runde, 13.6.2010
FavAC-Platz, 250

Der Favoritner Athletikclub hat gegen die Bezirkskollegen von Ankerbrot keine Probleme. Höhepunkte der angenehmen Sonntagsmatinée waren ein nicht gegebenes Wembley-Tor der in Weiß spielenden Rossoneri (in rotschwarz heute die Gäste) und der verletzungsbedingte Ausfall eines Linienrichters.
Der FavAC feiert heuer seinen 100. Geburtstag. Der stimmungsvoll zwischen Gemeindebauten liegende Platz wurde am 9. September 1921 eröffnet, berichtet Uwe Mauch. Einen Abriß der Vereinsgeschichte bietet Das große Buch der österreichischen Fußballstadien. Es berichtet auch, daß die Böschung damals aus dem Aushub vom Bau des Amalienbads aufgeschüttet wurde und die mittlerweile charakteristische, an ein Wohnhaus angrenzende Osttribüne 1999 errichtet wurde.