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Donnerstag, 8. Februar 2024
Ultras
Rezension
Sébastien Louis
Ultras
Geschichte einer Bewegung Wien 2023
Promedia Verlag 368 S.
Ultras, les autres protagonistes du football war der Titel der französischen Originalausgabe aus dem Jahr 2017. Aus den „anderen Protagonisten des Fußballs“ wurde in der dankenswerterweise nun vorliegenden deutschen Übersetzung dieses Buchs im Zusatztitel die „Geschichte einer Bewegung“. Wie in Italien die anderen Protagonisten des Fußballs die Bewegung der Ultras formten und sich diese in den letzten sechs Jahrzehnten auch veränderte, ist das Thema des Werks von Sébastien Louis. Der Autor kennt diese Welt aus vielen Jahren mit dem CU 84 von Olympique de Marseille, hat über sie umfangreich wissenschaftlich gearbeitet und begleitet sie journalistisch. Mit Thomas Lanz hat das Buch einen kundigen und versierten Lektor und Übersetzer in die deutsche Sprache gefunden. Sébastien Louis holt in sieben Kapiteln weit aus und schreibt mit wissenschaftlich geschulter Detailliertheit und Tiefgründigkeit. Er beginnt mit den Anfängen des Fußballs in Italien, beschreibt wie aus Tifosi Ultras wurden und wie englische Fankultur als Inspirationsquelle und der politische Kontext Italiens in den 1960ern diese Entwicklung prägten. Das Buch behandelt die Ultraskurve als Organisationsmodell, die Identitätsfrage, Spektakel und Gewalt, Repression, die einschneidenden Katastrophen von Genua 1995 bis Catania 2007 und die Gegenwart von Ultras im Angesicht der Kommerzialisierung des Fußballs. Ein Glossar zu Begrifflichkeiten und ein umfangreicher und gut ausgewählter Bildteil schließen das ganze ab. Die sehr große Fülle und auch Vielfalt an Quellen und Material, die im Buch verarbeitet sind, machen es zu einer gewinnbringenden, lehrreichen Lektüre. Man lernt über Licht- und Schattenseiten und erfährt auch Anekdoten aus der Fußballgeschichte, bevor es noch Ultras gab: „Mit dieser wachsenden Leidenschaft und dem steigenden Fußballfieber, das den Namen Tifo erhält, häufen sich auch die Zwischenfälle auf und abseits des Rasens. Am 19. März 1922 wird Achille Gama, Schiedsrichter des Spiels Venezia-Modena, zum Ziel von Fans, die wegen eines nicht anerkannten Tores in der 88. Minute das Spielfeld stürmen. Er sucht Zuflucht in der Umkleidekabine und verlässt das Stadion versteckt in einer Gondel, die von Venezias Kapitän Giovanni Borgato gesteuert wird.“
25 € / im Buchhandel erhältlich
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