Übersichtsseiten:

Dienstag, 20. September 2022

From Geidorf with Love


Rezension

Fanprojekt Grazer AK (Hg.)
From Geidorf with Love
30 Jahre in der Fanszene des Grazer Athletiksport Klubs 1902
Graz 2022
252 S.



„Das erste Fanzine in der Geschichte der aktiven Fanszene“ des GAK blickt umfangreich auf drei Jahrzehnte Fangeschichte zurück, beinhaltet in Buch-Stärke Fanzine-Standards wie Groundhopping, berichtet über jüngere Aktivitäten wie die Aktionen „Hauptsponsor“ oder „Die Kurve hilft“ sowie die Gründung des Fanprojekts 2022 und zeigt sehr viele Bilder: Historische Fotos, Tifo-Bilder und solche der amüsanten Kategorie am Schluss. Die Texte sind gut zu lesen. Für weiterführende Videos gibt es an manchen Stellen QR-Codes mit Links dazu. Auffällig sind zu Beginn vor allem das Querformat und der Titel. Der Beweggrund zur Titelwahl wird in der Einleitung dargelegt.

In der Einleitung erzählt man zur Verortung der Gegenwart vom Absturz nach dem Bundesliga-Zwangsabstieg 2012, als in „bleiernen Jahren“ in der Regionalliga Mitte der Wiederaufstieg regelmäßig scheiterte. „Die verbliebenen GAK-Fans waren durch die beinahe im Jahresrhythmus stattfindenden Konkursanträge des Vereins schon abgehärtet, der 100 Jahre lang stolze Verein war in seinem 110. Jahr aber zur Lachnummer verkommen und mit dem ‚Skandal von Hartberg‘, im Relegationsrückspiel 2012, schien ein nie für möglich gehaltener Tiefpunkt des Images erreicht. Ein halbes Jahr später wurde der Vorhang zugezogen.“
Es folgten Chaos („Quadratkorn“) und Neugründung als GAC, der 2014 wieder in den GAK-Stammverein (aus dem die Fußballsektion ausgegliedert gewesen war) wiederaufgenommen wurde und seither auch wieder GAK heißt. Aus der untersten Spielklasse fand man den Weg hinauf und baute sich in Weinzödl dafür eine Heimstätte aus. Wie sehr dies prägte, sagt etwa der red firm s.c. (2005) im Heftteil mit Interviews mit aktiven und ehemaligen Gruppen: „In der jüngeren Geschichte unseres Klub ist die aktive Vereinsarbeit als wichtigste Komponente des Gruppenlebens dazugekommen. Im Zweifelsfall gibt's aus Zeitgründen mal eine fancy Choreo weniger, wenn unsere Jungs vor dem Kiosk am Merch-Stand, beim Ticketverkauf, der Bierausschank oder in ihrer Funktion als Vereinsverantwortliche gebracht werden.“
Weitere Interviews mit den aktiven Gruppen gibt es mit der Society Graz (2006), den 84er Jungs (2016) und der RAG (1999). Wirklich spannend sind die Interviews mit den ehemaligen Kurvenfanclubs Supporters (1992 – 1999), Ultras GAK (1997 – 2004), Armada Graz (1997 – 2005) und GAK Hardknocks (2001 – 2005), weil man hier tatsächlich einen guten Eindruck bekommt und einiges über die GAK-Fangeschichte zu erfahren ist. So findet auch die Beziehung mit Rapid Anfang der 1990er Jahre Berücksichtigung und es ist ein rot-grünes Freundschaftstransparent abgebildet.

Die Freundschaften zu KFC Uerdingen und Čelik Zenica werden vorgestellt und von besonderen Momenten bei Freundschaftsbesuchen wird berichtet. Interessant ist bei solchen Geschichten ja auch immer, wie es begann und sich der Kontakt entwickelte. Über die Erstellung von Choreographien wird in einem Blick hinter die Kulissen erzählt und dabei auch eine Vorlage für die „We are GAK“-Längsseiten-Blockfahne beim Relegationshinspiel 2012 abgebildet. Einige Fotoseiten fehlen hier dazu auch nicht. Ebenso zu Streetart. Einen Spielbericht gibt es von der Matinée bei Austria Lustenau 2019 zu lesen, wo die Reise unter der Devise „24 Stunden GAK“ mit der Eisenbahn erfolgte, sowie Europacup-Reiseerinnerungen an die Spiele bei Ajax in Amsterdam 2003 und den Rangers in Glasgow 2004. Vom 1:0-Auswärtssieg des GAK an der Anfield Road in Liverpool in der Champions-League-Qualifikation 2005 (nach 2:0-Heimniederlage) gibt es leider keinen Bericht. „Der GAK musste vor einem fast leeren Fansektor in Liverpool spielen. Ein sehr trauriges Kapitel unserer, noch recht jungen, Fanszene.“

Gleich acht Groundhoppingberichte erzählen von Abenteuern in verschiedenen Destinationen und Kontinenten (u.a. Belgrad, Casablanca, Indonesien). Am Ort des Geschehens des jüngsten Berichts, bei Avellino – Foggia im Dezember 2021, war ich selbst auch zugegen und den Fotos nach zu beurteilen damals unbekannterweise auf der selben Tribüne wie der Autor, aber ihrer anderen Seitenhälfte.

Wenn man an die Fanszene des GAK denkt, dachte man lange weniger an farbenprächtige Bilder und Tifo-Highlights sondern vor allem an Schlagkräftigkeit. Man liest hier auch über den aktuellen Hooligan-Zusammenschluss K57 (angelehnt an die Körösistraße 57), teils kuriose Zeitungsartikel aus früheren Jahren und sieht einige abgedruckte Bilder. In vergangene Zeiten entführen zwei Erzählungen „Aus dem Buch der Erinnerungen“ in ungeschönter Sprache. Über das Schicksal des oben angesprochenen GAK-Rapid-Freundschaftsfetzens ist zu seinem Ende nach dem GAK-Bundesligaaufstieg 1995 zu lesen: „Doch wir stiegen bald wieder auf und waren in EINER Liga.... wie scheiße ist das denn?! Also haben wir die grüne Seite einfach abgeschnitten. Wer braucht Rapid... WE ARE GAK!“

A5 Querformat / 22€ / Kontakt: Fanprojekt GAK

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen