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Mittwoch, 19. Januar 2022

Grober Schnitzer, 16





Rezension


Grober Schnitzer
Ausgabe 16
September 2021
116 S.









Die aktuellen Berichte von Fußballspielbesuchen in aller Welt dort, wo es in der Pandemie eben möglich war, reichen von Juli 2020 auf dem mit klingendem Namen ausgestatteten Sportplatz Brabant in Solingen bis zum Juli 2021 und einem Testspiel von Werder Bremen bei Feyenoord. Dabei werden gute Fragen gestellt – „Beim Blick aufs Logo fiel mir mal wieder auf, wie oft Berliner Klubs ne Fahne im Wappen haben (Hertha BSC, Blau-Weiss 90, Tasmania, BFC Germania, Hertha Zehlendorf u.a.), schreibt mir mal, wieso weshalb warum das so ist.“ – oder es wird daran erinnert (mit Zeitungsausschnitt von damals!), dass das Stadion von Sarmacja Będzin einst 1967 mit einem Spiel von Polonia Bytom gegen Werder Bremen eröffnet worden war. Die zahlreichen Benelux-Spielbesuche werden hier im Heft traditionell unter der Rubrik „Karatekids beim Frittenfritz“ verbucht. Dazu gibt auch hier einen Bericht vom Spiel im Motodrom Halbemond zu lesen, von dem ich ja mangels Vernetzung und wohl Relevanz nichts wusste, sowie einer Liste von „Must Have“-Grounds in Essen und ein Interview mit dem Autor des Knastinformer über die 49 Fußballplätze in 48 deutschen Gefängnissen.

Es war noch viel besser als es klingt: Auf 60 Seiten bringt der Grobe Schnitzer ein Choreo-Special in Form von Interviews mit Ex-Eastside, Infamous Youth, Wanderers und Caillera zu Geschichte, Entwicklung und Gegenwart von Choreographien in der Fanszene von Werder Bremen. Historisch hochspannende Sachen sind hier zu lesen. Gerade als geschichtlich Interessierter sind solche Einblicke in die Vergangenheit immer aufschlussreich. Man erfährt auch ganz einfache Dinge aus der Praxis, die einem beim Blick darauf tatsächlich noch nicht derart aufgefallen waren wie die Ungleichheit der 2011 neu gebauten Ostkurve im Weserstadion: „Aus Laiensicht wirkt sie sehr gleichmäßig gebaut. Das ist sie aber überhaupt nicht. Alleine, dass der Tunnel auf der einen Seite ist, da ist ein Ausschnitt, die Maße stimmen dann auch nicht, denn es ist nach wie vor so, dass die Ost ein wenig gebogen ist, also immer noch ein bisschen eine Kurve darstellt.“ Aber auch abseits des Choreographie-Themas finden sich etwa in 26 Seiten (!) Interview mit Infamous Youth und in den anderen Gesprächen für den weit weg seienden Außenstehenden ziemlich viel Informatives.
„Die im wahrsten Sinne des Wortes geräuschloseste Zeit, um abzusteigen war in den letzten beiden Spielzeiten möglich. Werder Bremen nutzte sie. Leere Stadien, Pandemie, Entfremdung, wenig Drang zur Rebellion.“ Große Spielberichte von den Werder-Spielen 2020/21 gibt es im Heft aus den bekannt pandemiebedingten Gründen ohnehin nicht, zu lesen ist hier vom Niedergang und Abstieg des Vereins mittels einer Chronologie „aus rein dokumentarischen Zwecken“ dennoch. Weiters gibt es Teil 2 der Reihe Werder-Zaunfahnen, Gedanken ans Weserstadion und einen Erinnerungsbericht von der Europacupfahrt nach Nizza 2003 aus dem Werder-Kosmos.

Mit Erscheinen des Hefts wurde bekanntgegeben, dass der Mastermind des Groben Schnitzers hinter einem Instagram-Account namens Groundhopping Memes steckte. Hierzu kann man im Heft ein Interview lesen. Den Account hatte ich bemerkt, aber ihm wenig Beachtung geschenkt. Ich verstehe zugegeben nicht wirklich, was „Memes“ eigentlich sollen. Die abgedruckten Beispiele dieser Bilderwitze zum Thema Groundhopping lösen das für mich auch nicht auf. Im Interview erfahre ich, dass es da auch Stories über einen Prominenten gab. Ich bin mir nicht sicher, ob ich was verpasst habe.

Den „Zahlensalat“ gibt es leider diesmal nicht. Dafür schließen Grüße ein erneut sehr kurzweilig zu lesendes Heft ab.


A5-Format / 3 € / erhältlich über groberschnitzer @ mail.de

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