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Mittwoch, 4. November 2020

11 Freunde, 228




Rezension


11 Freunde
Magazin für Fußballkultur
Nr. 228, November 2020
116 S.








Allesfahrer, denen durch die Corona-Beschränkungen und Geisterspiele jahrzehntelange Spielbesuchs-Serien gerissen sind, werden im Heft vorgestellt. „Mein letztes versäumtes Spiel war auswärts beim FC St. Pauli. Das Datum war der 27. März 1995.“ erzählt Andreas von Fortuna Düsseldorf. Der aus Medienberichten bekannte Fritz von 1860 München: „Ich bin seit 1963 Fan des TSV 1860, die Dauerkarte habe ich mit wenige Jahre später gekauft. Bis auf ein Spiel in der Bayernliga habe ich seitdem keine Partie mehr verpasst. Das war in der Saison 1983/84, da musste ich arbeitsbedingt auf eine Messe. Ansonsten bin ich überall hin mitgereist: China, Abu Dhabi, Kanada, Korea. Auch zu Freundschaftsspielen, Trainingslagern und Hallenturnieren bin ich gereist.“
Organisationstalent ist Voraussetzung des Allesfahrens. Auch Kreativität und mancher lässliche Sünde sind notwendig. Detlev vom HSV erzählt: „Ab 1977 war ich bei jedem Spiel dabei. Für das Finale im Europacup gegen Anderlecht im selben Jahr musste ich die Schule schwänzen, das ging nicht anders, obwohl ich die Schule immer sehr ernst genommen habe.“ Die Herangehensweisen, wie man diesen Lebensinhalt betreibt, sind unterschiedlich. So sagt Martin vom 1. FC Nürnberg etwa: „Ich habe keine Groundhopper-App oder führe Buch über meine Spiele, es waren aber bestimmt 1000 Stück.“
Verschieden sind auch die Ansätze zum Umgang mit der Situation. „Für mich gehört zum Fußball ein volles Stadion, und das passiert wohl erst, wenn es einen Impfstoff gibt. Vorher gehe ich nicht ins Stadion. Ganz oder gar nicht.“ sagt Bruno von Borussia Dortmund. Einen gegenteiligen Weg in dieser schwierigen Lage ging Carsten von Hannover 96: „Mein Team nur im Fernsehen zu verfolgen, kann ich nicht ab. Am vorletzten Spieltag bin ich sogar bis nach Aue gefahren, weil ich es nicht mehr aushielt. Ich kannte das Stadion und wusste, dass ich durch den Gästeeingang beide Tore sehen kann. Ich habe nicht viel vom Spiel mitbekommen, aber konnte immerhin ein bisschen Stadionluft schnuppern. Zurück im Stadion war ich am ersten Spieltag der neuen Saison. Es war ein Schock, dass nur 500 Zuschauer und auch nur VIP-Gäste erlaubt wurden. Laut 96-Homepage kostete das günstigste VIP-Ticket 3000 Euro, denn die gibt es nur für alle Heimspiele. Um im Stadion zu sein, habe ich sie gekauft.“

Ein langes Interview mit Arsène Wenger über seine Zeit beim Arsenal FC und die für 11 Freunde typischen, einfühlsam geschriebenen Portraits und Interviews mit diversen Akteuren des deutschen Fußballbetriebs (ein Sportdirektor, ein Spieler) gibt es im Heft. Dazu u.a. eine Chronik zum deutschen Frauenfußball seit der Aufhebung des Frauenfußball-Verbots durch den DFB 1970 oder eine Galerie alter Fanzine-Titelblätter.

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