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Mittwoch, 12. April 2017
Meine Mutter hat Stadionverbot
Rezension
Michael Bergschober
Meine Mutter hat Stadionverbot ...
Leben und Sterben mit Austria Salzburg
Eigenverlag 2017
404 S.
Höhen und Tiefen prägen das Leben eines Fußballfans. Michael Bergschober, Gründungsmitglied der Union '99 Ultrà Salzburg, erzählt in seinem Buch aus dem Leben als Salzburger Fußballfan, von der Kindheit, dem ersten Stadionbesuch, dem Hineinwachsen in die Fanszene, Entstehen der Ultràbewegung, dem großen Bruch als 2005 der Dosenkonzern den Fans ihren Verein raubte und dem neuem Leben der Salzburger Austria seither. Alles aus der Perspektive eines miterlebenden und schließlich auch mitgestaltenden Fans.
Das Buch gliedert sich in zwei Teile, die Zeit vor und die Zeit nach dem Neubeginn 2005/06. Im ersten Teil schreibt Bergschober vom Heranwachsen in Bischofshofen, den ersten Berührungspunkten mit dem Fußball und der Entwicklung zweier Leidenschaften im Freundeskreis: Dem eigenen Fußballspielen und dem Fahren zu den Austria-Spielen nach Lehen und schließlich auch auswärts, standesgemäß mit einem Westderby am alten Tivoli. Man erinnert sich mit ihm an die erfolgreiche Zeit der Salzburger Austria in den 1990er Jahren, als sie erst Meisterschaften knapp verpassten, dann gewannen und schließlich im Europacup reüssierten. Die Gedanken und Gefühle dabei, die er beschreibt, kennt jeder Fußballfan aus eigenem Erleben − auch wenn man mit dem hier behandelten Verein nicht sympathisiert und damals aus anderer fußballerischer Liebe heraus teils andere Meinungen hatte.
Aus eigenem Interesse wurde hier daher natürlich besonders aufmerksam gelesen, wenn es um Rapid ging. Da gab es ja im Lauf der Jahre die eine oder andere Geschichte, die hier aus der violetten Perspektive teilweise auch vorkommen. Bergschober schildert die Entwicklung italienischen Tifos in Salzburg, die sich in der Verwendung des Worts „Viola“ und der Anfeuerung „Forza Viola“ ausdrückte, was aber anfangs nicht alle teilten. „Nach dem Spiel, das übrigens 0:0 endete, wurden Fisch und ich von einem völlig besoffenen, immer noch aufgebrachten Idioten als ,Scheiß-Violas‘ beschimpft, nur weil wir unsere Fiorentina-Schals umgebunden hatten. ,Du weißt aber schon, dass mit Viola die Mannschaft oder besser gesagt der Verein gemeint ist, du armer Irrer,‘ versuchte Fisch ihm die Fakten begreiflich zu machen. Seine völlig verständnislose Miene sagte mehr als tausend Worte, diese Typen meinten doch tatsächlich, wir würden uns mit ,Viola‘ selbst feiern.“ Schließlich wurde das doch etwas und manche Buchpassagen hierzu geben Einblick in die Salzburger Fan- und Ultràgeschichte.
Ein Kapitel erzählt die Saison 2003/04 Spiel für Spiel als eine ereignisreiche „Saison mit der Union“ nach. Es folgt eine dramatische Zeit, in der um den Erhalt von Tradition und Vereinsfarben der Austria Salzburg gekämpft wird, aber man gegen die Pläne von Red Bull von Anfang an auf verlorenem Posten steht. „Ich konnte die Leute, die zwei bis dreimal im Jahr ins Stadion gingen, ja auch irgendwo verstehen, für die war einzig und allein der Erfolg wichtig, und sie wollten möglichst guten Fußball sehen. Aber warum konnte uns niemand verstehen?“ Auch wenn zu vielen Leuten die Fußballtradition egal war, gab es dann doch viel Solidarität aus dem In- und Ausland.
Im zweiten Teil des Buches geht es um die Neubelebung der nicht totzukriegenden Austria Salzburg. Seine Mutter bekam Stadionverbot von Red Bull verhängt. Die Einzelheiten dazu sollen hier nicht verraten werden sondern sind im Buch nachzulesen. Bergschober erzählt von der Zerrissenheit der Herbstsaison 2005, in der Protest organisiert wurde, Solidaritätsbekundungen eintrafen und bei Spielen schließlich die Tore des Gegners bejubelt wurden. Nach dem Bruch ging es im Frühjahr 2006 in Spielgemeinschaft mit dem PSV neu los. „Es wurde alles daran gesetzt, sich so ,heimisch‘ wie möglich zu fühlen. Und trotzdem hatte ich ein bisschen Angst. Angst davor, der Funke würde nicht überspringen und ich könnte mich mit dieser Lösung nicht identifizieren. [...] Es war genauso wie früher! Der Jubel bei den Toren, der Ärger beim Elfmeter gegen uns, die Angst vor dem Ausgleich, die Freude über die 3 Punkte! Und dann wurde mir bewusst: die Austria, das waren WIR! Wir, die wir alle daran arbeiteten, wieder ein Team, einen Verein zu haben, die Leute, die einen umgaben, all das war in diesem Moment wichtiger als das, was auf dem Papier stand.“
Im Herbst 2006 wurde nach Unstimmigkeiten ganz unten in der 2. Klasse neu begonnen und die Erzählung im Buch eröffnet eine neuen Facette, denn Bergschober beginnt in der 1b des neuen Vereins selbst mitzuspielen und führt die Reserve schließlich sogar als Kapitän an. In den Schlusskapiteln geht es um die letzten Jahre Regionalliga vor der Rückkehr in den Profifußball. Diese endete ja mit Stadionposse und lautem finanziellem Krach in der Katastrophe. Doch davon ist hier noch nicht die Rede. Das Buch endet noch freudig und hoffnungsfroh.
Die schönen Bücher Eine Saison mit Verona und Das Wunder von Castel di Sangro (wer hat sie nicht verschlungen!) nennt Bergschober als Vorbilder und dass er ein solches Werk auch für Salzburg haben wollte. Es ist ihm gelungen. Ein Salzburger Fußballfanroman.
Das Buch ist um 15 € u.a. im Fanshop der Salzburger Austria erhältlich.
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