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Freitag, 8. Juni 2012
kult_kurve_masse_messe
Fankultur macht Kunst:
kult_kurve_masse_messe
von Thomas Strobl
Kunstausstellung über die Fans österreichischer Kultklubs
Haupttribüne Sportclub-Platz, Wien
6. − 10. Juni 2012
Eine interessante Kunstausstellung ist derzeit am Wiener Sportclubplatz und später in Linz zu sehen. Der Künstler Thomas Strobl entwickelte gemeinsam mit dem Galeristen Gernot Rammer das Projekt, die Fankultur und Leidenschaft österreichischer Fußballfans in großformatigen Ölgemälden darzustellen.
Die Motive sind unterschiedlich und gleichen sich doch auch, indem sie die jeweilige Fankurve ins Blickfeld nehmen: Fröhliche Gesichter und gespannte Blicke, geschwenkte Fahnen und Schalparaden, die Arme gehoben zum gemeinsamen Support und gemütliche Plaudereien mit dem Bier in der Hand.
Für die Motivwahl informierten sich Rammer und Strobl über die Selbstdarstellung der Fans auf Foto- und Videoseiten im Internetz und kontaktierten die ausgewählten Vereine. Auf Basis der Fotos entstanden die Gemälde. Mehr als ein Jahr widmete sich Thomas Strobl von 2011 bis 2012 dem Malen seiner Werke. Insgesamt eineinhalb Jahre dauerte es von der Idee bis zur Ausstellungseröffnung.
Rapid-Fans im Fokus
Der Gang der Haupttribüne dient als Ausstellungssaal.
Das Bild der Fans von Vorwärts Steyr zeigt die Supportleidenschaft in unteren Ligen, wo nur ein schmales Geländer vom Spielfeld trennt.
Von den Vereinsbildern hat mir − ohne Präferenz für den Verein − das Bild von St. Pölten am besten gefallen, in seiner chaotischen Farbenpracht aus der die einzelnen Menschen hervorlugen.
Zwei Bilder namens Stadion #1 und Stadion #3 widmen sich nicht den Fangruppen, sondern der weiten Perspektive der Menschenmassen im großen Stadion. Sehr schön!
Erleuchteter Block West bei Rapid
Immer und überall Rapid (Stadion #2)
Eine gute Wahl, eines der traditionsreichen Wiener Fußballstadien als Ausstellungsort zu nutzen.
Rapid ist mit gleich drei Gemälden sehr gut vertreten. Zu sehen sind weiters (in Reihenfolge der Hängung auf der langen Tribüne von der Hernalser Hauptstraße bis zur Alszeile) Fans von SCR Altach, Wacker Innsbruck, der Vienna, den Salzburger Dosen, der SV Ried, Sturm Graz, dem GAK, Austria Lustenau, dem Wiener Sportklub, Austria Salzburg, der Stronach-Ruine SC Wiener Neustadt, dem LASK, von Blau-Weiß Linz, Vorwärts Steyr, Admira Wacker, der Wiener Austria, St. Pölten und dem Nationalteam.
Am Ankündigungsplakat ist von einer Auswahl „österreichischer Kultklubs“ die Rede. Es ist dann doch zu hinterfragen, was die Salzburger Untergruppe der Fußballsparte der Marketingabteilung eines Getränkekonzerns mit Weltherrschaftsambition hier zu suchen hat. Oder die auf gekaufter Lizenz basierende Wiener Neustädter Verlassenschaft von Frank Stronach, der den traditionsreichen SCWN (1908−2008) aufgeschnupft hatte. Gernot Rammer erklärte ihre Aufnahme in den Zyklus damit, daß es dort eben Fangruppen gebe. Soll sein, auch wenn die Jubelperser des Kommerz nicht als Fußballfans zu sehen sind. Diese Unschärfe trübt die Qualität der Ausstellung und der Bilder jedenfalls nicht.
Ansichten aller Bilder gibt es auf www.galerierammer.at
Thomas Strobl
kult_kurve_masse_messe
Katalog anläßlich der Ausstellungen im Stadion des Wiener Sportklub und im Kulturquartier Tabakwerke Linz
hg.v. Gernot Rammer
Wien 2012 (Verlag Bibliothek der Provinz)
112 S.
Zur Ausstellung erschien auch ein Katalogband, der nicht nur die Bilder abdruckt, sondern in dem auch einige interessante Texte versammelt wurden.
Galerist Gernot Rammer erklärt als Anliegen des Projekts, „die kreative und künstlerische Seite der Fankulturen zum Thema“ zu machen. Sehr interessant ist das Interview mit dem Maler Thomas Strobl, in dem er seinen Zugang zur Fankultur erklärt, der nicht in erster Linie über den Fußball ging: „Eugène Delacroix, der die berühmte Revolutionsszene gemalt hat, war auch kein Aktivist der Französischen Revolution. Ich sehe in erster Linie Strukturen, Formen, Farben, Körper und natürlich Gesichter. Das, was ich sehe, interpretiere ich mit Pinsel und Farbe.“
Der Kunstpublizist Lucas Gehrmann analysiert im Bildband Thomas Strobls Fankultur-Zyklus kunstphilosophisch: „Indem uns der Künstler das ,Objekt‘ nicht zeigt, auf das diese Szenarien, Emotionen und Agenda gerichtet sind, liefert er uns ein multiperspektivisches ,Porträt‘ allein des gruppendynamisch strukturierten Fan-,Subjekts‘.“
Dazu gibt es Textbeiträge zweier ausgewiesenen Experten auf dem Gebiet der Fankultur, dem Wissenschaftler Roman Horak und dem Ballesterer-Chefredakteur Jakob Rosenberg. Horak sinniert „über Fußball, seine Zuschauer und seine Fans“. Rosenberg schreibt kurz über die Entwicklung der Kreativität der Fankultur in Österreich. Er hebt die wichtige Symbolik hervor, daß im Rapideum, dem Museum des SK Rapid, zwischen Pokalen, alten Dressen und anderen Memorabilia eine handelsübliche Nähmaschine steht, mit der Choreographien der Ultras gefertigt wurden.
diese ausstellung ist eine reine geschäftemacherei...da gibt es mehr zu hinterfragen...da werden bilder einfach abgemalt...auch ohne angabe von wem die sind...und dann einfach als kopie um sauteures geld zu verkaufen...das ist kunst ???
AntwortenLöschender sportclubplatz is für den schmarrn genau der richtige ort...in einer woche interessiert das niemand mehr.
gruss gruber josef
Das Fehlen der Angabe, wer gezeigt wird, von dem die Bilder sind, die als Vorlage für den Maler gedient haben, das kann man hinterfragen. Da hast recht, das ist ein Punkt.
AntwortenLöschenes gibt weit mehr punkte...allein das interview:
AntwortenLöschenhttp://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/der-wiener-maler-tom-strobl-malt-fussballfans-in-oel-a-837138.html
zu fanfreundlichen preisen ? ab 200€ für so an abgemalten kopierten schmarrn....
aber der ballesterer wird in wahrscheinlich auch noch feiern in seinem blatt anstatt kritisch zu hinterfragen...
der künstler beweisst das er von der aktiven österreichischen szene null ahnung hat...
oder warum redbull bzw neustadt auch dabei ?
Das ganze entstand, soweit ich es aus Gespräch und Lektüre verstanden habe, sicher nicht aus einer Beschäftigung mit der aktiven österreichischen (Ultra-)Szene, sondern von ästhetisch-künstlerischen Gedanken her. Das sind keine Szenekenner. Wenn man die Fanszene als Ausgangspunkt genommen hätte, käme man ja auch nicht auf Dosen oder Neustadt.
AntwortenLöschenDa treffen zwei Welten aufeinander, vom Kunstmarkt gesehen scheinen mehrere hundert Euro für einen Druck wohl günstig.
also die kleine (mittlerweile so glaub ich eh ned mehr existente, aber trotzdem) wiener neustädter fanszene als jubelperser zu bezeichnen find ich auch gewagt - da hat's schon deutliche kontinuitäten zum alten 1. wnsc gegeben. und magnageld haben die fix ned bekommen. denen ihr fantum abzusprechen ist -verein hin oder her- doch ein bisserl fragwürdig.
AntwortenLöschenich glaub ja auch gut und gerne dass bei den dosenfans schon echte fans der mannschaft dabei sind. ob der klub jetzt sympathisch is oder ned (oder ob man den als klub sehen kann), is ja wieder a andere geschichte. aber klar sind des fans! was sollens denn auch sonst sein?
Ich bin nicht dieser Meinung. Es gibt allerdings keine fixe Definition des Worts Fan und natürlich kann man auch Fan von Red Bull und seiner Fußballspieler sein, genauso wie man Fan des Moneymakers im Fernsehen sein kann. Mit Fußballfantum, wie ich es verstehe, hat dies aber nach meinem Dafürhalten wenig zu tun. Bei der Dosen-Show geht es nicht um Fußball, auch nicht um das Nutzen des Fußballs als Werbeplattform, sondern das Marketing ist das Ziel und der Fußball sein auswechselbares Werbemittel. Das ist ein grundsätzlicher Kulturbruch und für mich eine wesentliche Wasserscheide zur gewachsenen Fußballkultur, die das Spiel im Zentrum hat.
AntwortenLöschenZu Wiener Neustadt: Ich möchte das Wort Jubelperser explizit nicht auf die alte Fanszene des ehemaligen WNSC angewendet wissen. Diese ist am Magna-Projekt zerbrochen und übrig geblieben sind letztlich nicht Kontinuitäten, sondern hauptsächlich Leute, denen Lizenzkauf und -verschiebung nichts ausmacht. Mich stören diese Auswüche der Geschäftemacherei des modernen Fußball und mir mangelt es zugebenermaßen an Empathie für diejenigen, die das nicht stört.
den punkt mit den dosen versteh' ich und stimm' auch größtenteils zu, bei wiener neustadt haben wir offensichtlich ein unterschiedliches bild davon, wie sich die neustädter fanszene nach dem schlucken des 1.wnsc durch magna entwickelt hat. weil da durchaus auch das bestreben von teilen der fanszene war, die wnsc-tradition weiterzuführen.
AntwortenLöschenim detail kann ma da sicher unterschiedlicher meinung sein, wie weit das funktioniert hat ;)
darauf können wir uns einigen :)
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