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Donnerstag, 29. April 2010
Der tödliche Pass, 56
Rezension
Der tödliche Pass
Magazin zur näheren Betrachtung des Fußballspiels
Heft 56, April 2010
90 S.
Während die Sonne hochsommerlich scheint, bietet das Heft viel Lesestoff "für lange Winterabende, zumal diese Jahreszeit heuer nicht enden zu wollen scheint" wie Johannes John im Vorwort schreibt. Ja, der Redaktionsschluß ist ein Hund.
John spricht dabei den Essay über "das ephemere Ereignis Stadionfußball und sein Betexten zwischen Wissen und Wahrheit" von "Bruno Laberthier" an, in dem dieser die kulturwissenschaftlichen Arbeiten von Norbert Elias, Matías Martínez und Klaus Theweleit über den Fußball analysiert. Wenn auch etwas sperrig, so dennoch durchaus interessant.
Angesichts des Afrika-Cups und der kommenden WM beschäftigt sich Albrecht Sonntag mit den Beziehungen zwischen der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich und den heute unabhängigen Staaten. So stellt er einen Unterschied in der Rezeption des Afrika-Cups fest: "Während in Frankreich alle Spiele live ausgestrahlt wurden und viele Fans 'ihre' Spieler verfolgten, also der afrikanische Fußball zuallererst von der sportlichen Seite wahrgenommen wird, ist man in den englischen Medien eher an der integrativen 'Vorbild-Funktion' der in der Premier League spielenden Superstars interessiert oder aber an den Geschichten über die tragischen Begleiterscheinungen des modernen Sklavenhandels mit jugendlichen Fußballhoffnungen. Natürlich werden diese in Frankreich nicht unter den Tisch gekehrt, aber das Hauptaugenmerk liegt auf dem Rang, den sich die CAN unter den sportlichen Großereignissen mit überregionaler Wirkung über die Jahre erworben hat." Angesichts der vielen sehr guten afrikanischen Spieler in Liga und Nationalteam herrsche "schlicht und einfach Respekt" vor dem afrikanischen Fußball.
Sehr lesenswert dazu auch Stefan Erhardts Sammelrezension von Büchern über den afrikanischen Fußball. Er bietet "Antworten zu Fragen, die wir nicht unbedingt gestellt hätten", mit besonderem Schwerpunkt auf Kinderbüchern.
Samstag, 24. April 2010
Red Bull - Rapid 1:1 (0:0)
Bundesliga, 32. Runde, 23.4.2010
Wals-Siezenheim, 26.800
Es war ein wirklich sehr gutes Spiel. "Gerechtes" Ergebnis. Doch was hilft das, wenn wir bis wenige Minuten vor Schluß knapp am Sieg dran waren. Schade. War das Unentschieden hier im Herbst ein halber Sieg, so war das nun wie eine Niederlage. Der letzte irrationale Gedanke an einen Traum ist verloren.
Zum ersten Mal seit dem 18.2.2006 gibt es diesmal keine Bilder, da ich in einem Anflug von Grenzgenialität heute meine Kamera mitsamt den Bildern von gestern verloren habe.
Wals-Siezenheim, 26.800
Es war ein wirklich sehr gutes Spiel. "Gerechtes" Ergebnis. Doch was hilft das, wenn wir bis wenige Minuten vor Schluß knapp am Sieg dran waren. Schade. War das Unentschieden hier im Herbst ein halber Sieg, so war das nun wie eine Niederlage. Der letzte irrationale Gedanke an einen Traum ist verloren.
Zum ersten Mal seit dem 18.2.2006 gibt es diesmal keine Bilder, da ich in einem Anflug von Grenzgenialität heute meine Kamera mitsamt den Bildern von gestern verloren habe.
Mittwoch, 21. April 2010
Barça
Rezension
Dietrich Schulze-Marmeling
Barça
oder: Die Kunst des schönen Spiels
Göttingen 2010 (Verlag Die Werkstatt)
224 S.
Wenn gestern im Semifinale der Champions League Inter Mailand auf den FC Barcelona traf, trafen zwei verschiedene Zugänge, Konzepte, ja Philosophien des Fußballs aufeinander. Die meisten Fußballfans bedauern, daß Barça verlor. Dietrich Schulze-Marmeling erklärt in seinem neuen Buch den Zauber, den der katalanische Verein ausmacht. Dessen Hauptpunkte sind seine Geschichte, seine politische und soziale Bedeutung und seine Spielphilosophie.
Die spanische Fußballgeschichte ist ohne den Spanischen Bürgerkrieg 1936-1939 und die faschistische Diktatur bis 1975 nicht zu verstehen. Idealtypische Hauptprotagonisten aller Erzählungen sind das vom Franco-Regime gehegte Real Madrid und das widerständige Barça. Ist dies in der Tendenz zwar richtig, so ist es dennoch zu holzschnittartig. Real war im zentralistischen Regime im Vorteil gegenüber anderen, noch dazu gegenüber zentrifugaler Tendenzen verdächtiger Regionen wie Katalonien. Der Präsident des FC Barcelona und linke Parlamentsabgeordnete Josep Sunyol wurde noch 1936 von Franco-Milizionären erschossen. Nach der Eroberung Barcelonas 1939 führten regimenahe Funktionäre den Verein.
Trotzdem: "Im Fußball will Franco den Regionalbestrebungen ein Ventil bieten", schreibt Schulze-Marmeling: "Der katalanische Verein darf Trophäen gewinnen, wenngleich nicht zu häufig. Was es aber vor allem zu verhindern gilt, ist die Politisierung seiner Triumphe." Diese Strategie scheitert klar. "Da die Katalanen keine politischen Parteien hatten oder eine regionale Regierung oder das Recht, ihre eigene Sprache zu sprechen, investierten sie ihren kompletten kulturellen Stolz in Barça. Bei Barça-Spielen konnten die Menschen jederzeit in Katalanisch schreien, ihre traditionellen Lieder singen − zu einer Zeit, wo sie dies nirgendwo anders tun konnten." wird Carles Rexach im Buch zitiert. Bis heute kreisen die Debatten, wieweit sich etwa der Vereinspräsident in die katalanische Politik, für Autonomierechte und Unabhängigkeitsforderungen, einmischen darf.
Anfang der 1970er Jahre wird immer deutlicher, daß der alte Diktator sterblich ist und das Regime ins Wanken gerät. 1973 darf sich Barça wieder katalanisch Futbol Club nennen, nachdem man die letzten Jahrzehnte spanisch CF statt FC Barcelona heißen mußte. Der fußballerische Knackpunkt war der von Schulze-Marmeling so bezeichnete "Kulturtransfer" aus den Niederlanden. Mit dem Antritt von Rinus Michels als Trainer 1970, aber vor allem mit der Ankunft von Johan Cruyff 1973 begann "eine bis heute währende niederländisch-katalanische Connection und einer der interessantesten und nachhaltigsten Kulturtransfers in der Geschichte des Fußballs." 1974 schlägt ein von Cruyff angeführtes Barça Real in Madrid 5:0. "Kein anderes Vereinsspiel im Europa nach dem Zweiten Weltkrieg dürfte eine so große politische Symbolik entwickelt haben wie El Clásico vom 17. Februar 1974. In den Franco-Jahren galten Siege über Real stets als verwegene Form politischer Opposition, aber dieses 5:0 ist das Verwegenste schlechthin." schreibt Schulze-Marmeling. "Der 17. Februar 1974 wird später zum Anfang vom Ende der Diktatur verklärt." Cruyff ist seither in Barcelona überlebensgroß.
1988 kehrt Johan Cruyff für acht Jahre als Trainer zurück und hinterläßt noch tiefere Spuren als in seiner Zeit als Spieler. "Cruyffs fußballerische Visionen, insbesondere das offensive Kurzpaßspiel, werden auf dem Platz zum Markenzeichen und zur bis heute gültigen Norm des FC Barcelona." Der Erfolg des Klubs liegt bei weitem nicht allein an Cruyff, aber er trat zweimal an entscheidenen Wendepunkten in Aktion. 1973 verkörperte er am Feld den Kampf für Offenheit und Demokratie. Als er 1988 Trainer wurde, begann sich die Stadt Barcelona in Vorbereitung der Olympischen Spiele 1992 von einer grauen Industriestadt in eine Dienstleistungs- und Kreativmetropole zu verwandeln. "Fußballphilosophien verdanken ihre Bedeutungsschwere häufig auch den gesellschaftlichen Umständen, in denen sie gedeihen bzw. der Möglichkeit, sie mit gesellschaftlichen Entwicklungen außerhalb des Spielfelds, mit Lebensweisen und Lebensphilosophien in Verbindung zu bringen."
Das Besondere des FC Barcelona ist ohne seinen Kontext nicht zu verstehen. Diesen bringt einem Schulze-Marmeling sehr gut nahe. So findet sich z.B. regionale Identifikation und nationale Bestrebungen nicht allein in Katalonien, sondern auch im Baskenland. Er erklärt aber den Unterschied der Nationalismen: "Während bei Athletic Bilbao der Nachweis baskischer Wurzeln zu erbringen ist und sich der baskische Nationalismus ethnisch definiert, ist der katalanische Nationalismus eine zivile Bewegung, die bürgerlich-souverän daherkommt. ... Kataloniens Nationalismus schließt nicht aus, sondern vereinnahmt, mobilisiert 'Fremde' für seine Sache und macht sie zu Einheimischen."
So schlägt Schulze-Marmeling einen Bogen vom kulturellen und historischen Kontext des Vereins bis zu jüngsten sportlichen Triumphen wie dem Gewinn von sechs von sechs möglichen Titeln des Jahres 2009. Eine spannende und kurzweilige Lektüre.
Sonntag, 18. April 2010
Rapid - Magna 3:0 (1:0)
Bundesliga, 31. Runde, 17.4.2010
Gerhard Hanappi Stadion, 16.900
Solider, trockener Heimsieg. So gehört sich das. Ein schöner Fußballabend.
Gerhard Hanappi Stadion, 16.900
Solider, trockener Heimsieg. So gehört sich das. Ein schöner Fußballabend.
Heeres SV Wien - FC Stolzenberger 6:1 (2:1)
Wien, 2. Klasse A, 17. Runde, 17.4.2010
Sportplatz Fasangarten, 20
Ein teils emotional geführtes Spiel in der vorletzten Liga des Wiener Fußballverbands. Hier spielt die 1961 gegründeten Fußballsektion des Heeressportvereins Wien. In Sichtweite der Gloriette, direkt neben der Maria-Theresien-Kaserne liegt der augenscheinlich sehr gute Platz. Uwe Mauch berichtet, daß früher ein Soldat mit Sturmgewehr den Sportplatzeingang bewacht hat. Heute gibt es "nur" Videokamera und Gegensprechanlage, doch Mauch hat nicht unrecht, wenn er schreibt, daß es "in der Stadt wohl kaum einen besser gesicherten (Fußball-)Platz" gibt.
Sportplatz Fasangarten, 20
Ein teils emotional geführtes Spiel in der vorletzten Liga des Wiener Fußballverbands. Hier spielt die 1961 gegründeten Fußballsektion des Heeressportvereins Wien. In Sichtweite der Gloriette, direkt neben der Maria-Theresien-Kaserne liegt der augenscheinlich sehr gute Platz. Uwe Mauch berichtet, daß früher ein Soldat mit Sturmgewehr den Sportplatzeingang bewacht hat. Heute gibt es "nur" Videokamera und Gegensprechanlage, doch Mauch hat nicht unrecht, wenn er schreibt, daß es "in der Stadt wohl kaum einen besser gesicherten (Fußball-)Platz" gibt.
Donnerstag, 15. April 2010
11 Freunde, 101
Rezension
11 Freunde
Magazin für Fußballkultur
Nr.101, April 2010
130 S.
Roland Gerlach besucht leere Stadien. Er nennt sich "Trockenhopper", da er im Unterschied zum Groundhopping die Plätze ohne Spiel besucht. Alle 360 Stadien des "großen Buchs der deutschen Fußballstadien" (hat übrigens ein österreichisches Pendant) hat er. Respekt. "Andere besichtigen Kathedralen und Schlösser, ich eben Stadien. Stadien, die leer stehen." läßt Andreas Bock Gerlach erzählen. Er schreibt: "Gerlach schätzt die Abwesenheit jenes Lärms, den der moderne, durchkommerzialisierte Fußball mit wattstarken Lautsprechern in die Arena gebracht hat. In Deutschland findet Gerlach die Antipoden nur noch in den unteren Ligen. Da stehen die Stadien, in denen einst Erst- oder Zweitligafußball gespielt wurde und die längst Biotopen gleichen, dort, wo das Unkraut durch die rissigen Treppenstufen an den alten, wurmzerfressenen Holztribünen empor klettern. Die Momente in solchen Stadien haben für ihn etwas Meditatives." Das kann ich nachvollziehen. Alte Stadien sind großartig. Persönlich schaue ich sie mir dann aber doch lieber mit einem Fußballspiel an.
Interessant ist Titus Chalks Geschichte über das Beispiel des "guten" US-amerikanischen Eigentümers von Aston Villa, Randy Lerner. Er wird im Artikel nahezu als Messias gezeichnet, was dann doch etwas skeptisch stimmt. Allerdings scheint er hell zu strahlen im Vergleich zur sonst üblichen zerstörerischen Wirkung der "Investoren" wie bei seinen Kollegen bei Manchester United oder Liverpool.
Freut man sich kurz über das Gute und Schöne im Fußball, so folgt einige Seiten weiter wieder die Ernüchterung über den modernen Fußball in Form eines Berichts über Evian Thonon Gaillard. Der Konzern Danone baut in Frankreich diesen Verein am Reißbrett auf.
Der beste Teil des Hefts sind die Ausführungen des großen niederländischen Fußballphotographen Hans van der Meer. Vor wenigen Bildern kann man so viel Zeit beim Betrachten und Bestaunen verbringen wie den seinen. Für mich ein Vorbild aufgrund seines Raumkonzepts ("eine erkennbare Spielsituation auf dem Platz und ein Blick auf die Welt dahinter") und des Zugangs, am Platz eine Perspektive zu wählen und darauf zu warten, bis sich das Spiel in den gewählten Ausschnitt bewegt. Diese mir durch ihn vermittelten Erkenntnisse prägen seit Jahren meine bescheidenen Ambitionen.
11 Freundinnen
Magazin für Frauenfußball
Nr.3, April 2010
50 S.
Im beiliegenden Frauenfußballheft bleibt Jan Ziers Geschichte über Doreen Nabwire in Erinnerung. Eine harte Aufsteigerinnengeschichte von Kenias bester Fußballerin aus den Slums von Nairobi bis zum Engagement bei Werder Bremen.
Mittwoch, 14. April 2010
Rapid - LASK 0:0
Bundesliga, 30. Runde, 13.4.2010
Gerhard Hanappi Stadion, 13.800
Wenn man enge Spiele wie dieses, wo kein Tor fallen will, nicht gewinnt, dann wird das am Schluß nichts werden. Das ist enttäuschend. Natürlich Pech, wenn man die wenigen eigenen Chancen nicht verwertet. Allerdings auch bezeichnend.
Gerhard Hanappi Stadion, 13.800
Wenn man enge Spiele wie dieses, wo kein Tor fallen will, nicht gewinnt, dann wird das am Schluß nichts werden. Das ist enttäuschend. Natürlich Pech, wenn man die wenigen eigenen Chancen nicht verwertet. Allerdings auch bezeichnend.
Sonntag, 11. April 2010
Weidling/Klosterneuburg - Essling 3:1 (0:0)
Wien, Oberliga B, 20. Runde, 10.4.2010
Sportanlage Presslerwiese, 80
Verlief die erste Halbzeit noch ohne größere Höhepunkte, entscheidet die Heimmannschaft mit drei schnellen Toren in der ersten Viertelstunde der zweiten Hälfte das Match. Erst in der Schlußminute kam der Ehrentreffer des SV Essling am Weidlinger Sportplatz des Fusionsvereins SC Weidling/Klosterneuburg 1912 mit dem "Kürzel" SCW-KSV1912.
Sportanlage Presslerwiese, 80
Verlief die erste Halbzeit noch ohne größere Höhepunkte, entscheidet die Heimmannschaft mit drei schnellen Toren in der ersten Viertelstunde der zweiten Hälfte das Match. Erst in der Schlußminute kam der Ehrentreffer des SV Essling am Weidlinger Sportplatz des Fusionsvereins SC Weidling/Klosterneuburg 1912 mit dem "Kürzel" SCW-KSV1912.
Ried - Rapid 1:3 (1:2)
Bundesliga, 29. Runde, 9.4.2010
Stadion Ried, 7.200
Auswärtssiege, bei denen der Gegner eigentlich besser war, schmecken süß. Der Druckphase der Heimmannschaft standhalten und im Umkehrschluß (Tore, die man nicht schießt...) selber treffen − so spielt man Auswärtsspiele. Das hat gut getan.
Stadion Ried, 7.200
Auswärtssiege, bei denen der Gegner eigentlich besser war, schmecken süß. Der Druckphase der Heimmannschaft standhalten und im Umkehrschluß (Tore, die man nicht schießt...) selber treffen − so spielt man Auswärtsspiele. Das hat gut getan.
Donnerstag, 8. April 2010
Ballesterer 51
Rezension
Ballesterer fm
Nr. 51, April 2010
66 S.
Was aus den alten Zehnern, den einstigen zentralen Drehscheiben, im heutigen Spitzenfußball geworden ist läßt der Ballesterer Taktikexperten Jonathan Wilson erklären: "falsche Neuner" wie Lionel Messi, Wayne Rooney oder Cristiano Ronaldo. Gegenbeispiel eines alten Rollenverständnis wäre ein Ronaldinho, der schon mal auf Defensivarbeit verzichtet. Eine legendäre Variante des Technikers ohne viel Laufarbeit wird ebenfalls gewürdigt: der Badkicker.
Interessant ist Jakob Rosenbergs Interview mit dem hochrangigen italienischen Polizisten Roberto Massucci, in dem dieser den Sinn des dortigen Verbots von Trommeln, Megaphonen und Transparenten ziemlich unverblümt erklärt: "Angesichts dessen, was in den Stadien passiert ist, wollten wir diese Ultra-Logik brechen." Da er selbst erklärt, daß die Aktivität auf den Rängen nicht weniger geworden ist, sondern nur weniger sichtbar, die Ultra-Bewegung aber in Italien beständig wachse, macht die Polizei nach eigenen Ansprüchen wohl etwas falsch...
In eigener Sache empfehle ich in diesem Heft den Fotoessay auf den S.40/41 mit meinen Bildern des Stadion za Lužánkami von Brünn :-)