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Dienstag, 23. Mai 2017

Ballesterer 122



Rezension


Ballesterer
Nr. 122, Juni 2017
84 S.







„Was sollen wir denn eurer Meinung nach tun? Stillsitzen und auf den Tod warten?“ In einer beeindruckend recherchierten Reportage berichtet Clemens Zavarsky vom Fußball in den seit Jahren von Krieg, Terror und Tod geprägten Ländern Irak und Syrien. Der irakische Sportjournalist Hassanin Mubarak beantwortet die Frage nach dem Fußball in so einer Situation wie eingangs zitiert offenbar recht harsch, aber er hat damit wohl recht. Zavarsky erzählt von Megalomanie (ein kaum genutztes Neubaustadion für 550 Mio. Dollar in Basra), Problemen der irakischen Liga und IS-Bombenanschlägen in Fußballstadien mit vielen Toten. Man erfährt von der islamistischen Ambivalenz gegenüber dem Fußball zwischen Unterdrückung − Ermordung von Jugendlichen, die sich Fußball im Fernsehen angeschaut haben − und Nutzung seiner Attraktivität für eigene Zwecke. Der Profibetrieb im Bürgerkriegsland Syrien wird als Propaganda-Farce der Assad-Diktatur eingeschätzt, „ehemalige Erstligaspieler wie Iyad Quaider und Louay al-Omar wurden in Gefangenschaft zu Tode gefoltert, wie aus dem Gefängnis geschmuggelte und im Internet veröffentlichte Fotos beweisen sollen. Die Stadien in Latakia, Dera und Banyias wurden zeitweise zu Gefangenenlagern umfunktioniert, das Abbayiyyin-Stadion in Damaskus zu einer Militärbasis.“ Politische Stellungnahmen von Fußballern sind in solcher Gemengelage brisant. Zusätzlich zur Reportage gibt es zum Thema noch ein Interview mit einem vormaligen irakischen Nationalteamspieler, der seit 2016 mit Familie in Wien lebt, sowie einen Bericht zur Lage in Afghanistan.

Paul Gascoigne wird zu seinem 50. Geburtstag von Nicole Selmer mit einer schönen Hommage gewürdigt. Taktikanalytiker Emanuel van den Nest gibt Hinweise zum Scheitern Damir Canadis bei Rapid. Weitere Artikel behandeln den trotz Offenheit undurchschaubaren Ostliga-Aufsteiger Karabakh oder das kommende Kunstprojekt, das freiheitliche Steuergeld-Millionengrab Wörthersee-Stadion erstmals zu etwas Sinnvollem zu nutzen und darin einen Wald zu pflanzen.

Die 1807 zwar nicht als Fußballstadion errichtete, aber heute dazu genutzte Mailänder Arena Civica darf ich im Heft vorstellen. In meiner Amateurfußballplatz-Serie Nebenschauplätze ist diesmal das Vorarlberger Bürs an der Reihe.

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