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Mittwoch, 23. Dezember 2009
Wir sind Rapid
Rezension
Peter Linden
Wir sind Rapid
Wien 2009 (WISO Buchvertrieb)
400 S.
Ein Buch über die Geschichte Rapids ist immer gut. So kann man sich auch in diesem voluminösen offiziösen Werk, das anläßlich des 110 Jahre Rapid Jubiläums in Auftrag gegeben wurde, an vielen Geschichten und Details herzhaft erfreuen. Erweitert wird der Text durch eine Unzahl an Fotos, die auch vergangene Jahrzehnte bildhaft wiederentstehen lassen.
Peter Linden, Journalist der mehr berüchtigten als berühmten Kronen Zeitung hat dazu einiges an Material zusammengetragen. Manches wurde wohl aus früheren Büchern übernommen (z.B. bei einer wortidenten Passage über Bimbo Binder aus Lindens 1999 erschienenem Buch über 100 Stars in Grün-Weiß). Hauptsächliche Quelle des Texts, v.a. der jüngeren Jahrzehnte, dürfte die tagesaktuelle Berichterstattung des erwähnten Blattes gewesen sein. Leider kommt dadurch eine sehr vereinsinternzentrierte, auf Spieler oder einzelne Episoden fokussierte Blickweise heraus, welche die Summe der einzelnen Teile nicht immer zutagetreten läßt. Bedeutung, Wesen und Wandlung von Anhang und Fans etwa, der Blick auf das Umfeld, seien es die verschiedene Anmutung der Heimstätten Rapids oder auch der Kontext der zeitlichen Entwicklung von Fußball und Gesellschaft (Stichwort Kommerzialisierung) finden nur sporadisch Platz.
Teils wird es unfreiwillig amüsant, wenn Linden etwa über die legendäre "Rapid-Aktie" 1991/92 schreibt, "Die 60.000 aufgelegten Aktien zum Preis von je 1000 Schilling verkauften sich anfangs wirklich gut. Aber das gute Konzept ging trotzdem nicht auf." Auch wenn Linden die Verhaftung eines der Proponenten des Börsegangs wegen Geldwäsche erwähnt − die Meinung, daß da ein gutes Konzept nur an widrigen Umständen gescheitert wäre, teilen nicht sehr viele.
Die vielen Bilder sind ohne Zweifel ein herausragendes Highlight des Bandes. Diese allein würden schon den Kauf rechtfertigen. Leider sind allerdings manche Bilder schlecht reproduziert, erscheinen verwaschen oder verpixelt (die alte Pfarrwiese z.B.) oder die Farbbalance (v.a. der Hauttöne) bei färbigen Bildern paßt nicht. Etwas ungeschickt ist an der Machart weiters, daß es schwer gemacht wird, einzelne Kapitel zu schmökern, da im "in einer Wurscht" geschriebenen Textfluß sinnzusammenhangtrennende Kapitelgrenzen gesetzt wurden, was bei chronologischer Jahrzehnt-Anordnung eigentlich bemerkenswert ist. Auch ein Inhaltsverzeichnis wäre keine schlechte Idee gewesen.
Erschwerend kommt der Stil des Peter Linden hinzu. Kurze, nicht immer vollständige Sätze. Insidergeschichterln, die mal mehr, aber öfter ohne Belang sind. Faktische Fehler im Detail. Über die Meisterfeier am Stephansplatz 2008 schreibt Linden: "Die Spieler fuhren mit Gattinnen oder Freundinnen ins Mariahilfer Sushi-Lokal 'Dots'. Mit dabei: Fan-Serviceleiter Marek. Der ahnte schon, was bevorstand. Ein Anruf von Fanklub-Vertretern mit der Botschaft 'Wir warten auf euch am Stephansplatz.' Wie drei Jahre zuvor. Einstimmiger Beschluss der Meister: Alle Spieler dorthin. Eine Hummer-Strechlimousine war rasch organisiert. Wie in der 25 Leute Platz fanden, bleibt auf ewige Zeiten ein meisterliches Geheimnis." Jo eh, nettes Gschichtl. Mag am Tag danach in der Feier-Berichterstattung seinen Platz haben. Aber in einem 110-Jahres-Buch?
Weniger Geschmackssache sind haarsträubende Lektoratsfehler wie das hartnäckige Schreiben von "infisziert" (S.176 u. S.332), der innovativ falschen, offenbar rein phonetischen Schreibweise "Tottenheim" für den Londoner Verein Tottenham (S.158) oder der Nationsbezeichnung "Schotten" für das englische Everton (S.142). Weiters hat Josef Hickersberger nicht zwölf Jahre nach Gerhard Hanappis Tod den Namen "St. Hanappi" für das Hanappi-Stadion geprägt (S.94) − 1992 war er nicht unser Trainer, sondern erst noch einmal zehn Jahre später.
Immer wieder fällt mir bei Lindens Büchern auf, daß er offenbar als Tageszeitungsjournalist für den Moment schreibt und nicht daran denkt, daß Bücher auch morgen, nächstes Monat und sogar nächstes Jahr zur Hand genommen werden und daher Formulierungen wie "im Jänner dieses Jahres" (S.233) oder vom "heurigen Duell" (S.238) unglücklich sind.
Positiv ist mir andererseits aufgefallen, daß Linden nicht den beliebten 1941er-Mythos wieder auftischt, daß nach dem gewonnenen Endspiel um die deutsche Meisterschaft gegen Schalke 04 Spieler zur Strafe an die Ostfront geschickt worden wären. Was historisch nicht belegt ist, siehe dazu den Artikel darüber von David Forster und Georg Spitaler im Ballesterer Nr.19 (Dezember 2005). Hierzu werden die Ergebnisse des von Rapid zu seiner großen Ehre in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt über die Jahre 1938-1945 von Interesse sein.
Trotz aller Kritik: Aufgrund der Fülle an Informationen sowie der Vielfalt und riesigen Menge an Bildern ist es eine lohnende Lektüre.
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