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Mittwoch, 14. Februar 2024

Von der Schinderwiese zur roten Erde


Rezension

Peter Biwald / Karl Vranovitz
Von der Schinderwiese zur roten Erde
Eine Geschichte des Landstraßer Fußballs
Wien 2024
Echomedia
168 S.





Eine Geschichte des Fußballs im 3. Wiener Gemeindebezirk Landstraße bietet das Buch von Peter Biwald und Karl Vranovitz. Sie geben zunächst einen Überblick über die Fußballentwicklung seit der Gründung des ersten Fußballvereins im Bezirk, dem SC Graphia 1899, und berichten dann über die Zwischenkriegszeit, die durch die politischen Zäsuren 1934 und 1938 verlorenen Vereine, den Wiederaufbau nach 1945 bis zum Auf und Ab in den ersten Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts.
Als die erfolgreichste Zeit des Landstraßer Fußballs gelten die 1970er Jahre, als sich der Rennweger SV (1901) und der LAC (1911) Derbys in der Wiener Liga lieferten und beide auch im ÖFB-Cup spielten. Der LAC hatte dabei vor jeweils 2.500 Zuschauerinnen und Zuschauern 1972 den SK VÖEST Linz (in der Saison darauf österreichischer Meister 1973/74) am alten LAC-Platz in der Erdbergstraße und 1980 am heutigen Platz in der Baumgasse den damals leider regierenden Meister FAK zu Gast. „Mit Gerhard Steinkogler setzte die Wiener Austria jedoch einen nicht spielberechtigten Spieler ein, da die Freigabe von Werder Bremen am Spieltag noch fehlte. Der LAC hätte bei Einbringen eines Protests dieses Cup-Spiel nachträglich mit 3:0 gewonnen, verzichtete jedoch auf den Einspruch.“ berichten die Autoren von letzterem Spiel. Schade! Wenigstens kamen die Lilanen nach der Regelwidrigkeit nicht weit im Bewerb und schieden in der nächsten Runde gegen den späteren Cupsieger GAK aus. Im Buch gibt es auch noch ein eigenes Kapitel zu den Landstraßer Vereinen im Cup, mit schönen Statistiken.

Im zweiten Kapitel werden die seit 1899 gegründeten und bis 2023 bestehenden Landstraßer Fußballvereine vorgestellt. Manche haben oder hatten jahrzehntelange Tradition, andere bestanden nur kurz. Neben Arbeiter- und Werksvereinen gibt es unter den zahlreichen Namen auch migrantische Vereine wie den tschechische Sportovní Klub Čechie ve Vídni (1908 bis 1930) mit eigenem Platz dort, wo heute der Wildganshof steht (es wird geschätzt, dass am Höhepunkt der Migration nach Wien während des Ersten Weltkriegs 300.000 Tschechinnen und Tschechen sowie Slowakinnen und Slowaken in Wien gelebt haben, in Favoriten mehr als ein Viertel der Bevölkerung), in jüngerer Zeit den bosnische Klub BiH SV bzw. FC BiH oder Vereine mit türkischem Hintergrund. Beim Vereinsnamen FC Fano wäre meine erste Assoziation Fano gewesen, Namensgeber war aber ein Café Fano „mit Schwerpunkt Abendbetrieb und nicht für die Nachmittagsjause“, wie es die kundigen Autoren beschreiben. In den 1920er Jahren gab es rund dreißig Vereine. Derzeit sind es nach Rückgang bis in die 2010er Jahre mit dem Rennweger SV und dem LAC nur mehr zwei.

Ein spannendes Kapitel widmet sich den Fußballplätzen in der Landstraße, von denen viele zwischen Aspanggründen, Arsenal und St. Marxer Friedhof lagen. Insgesamt listet das Buch zwölf Fußballplätze auf, die es im Lauf der Geschichte in der Landstraße gab. Deren erster war die Schinderwiese bzw. Arsenalwiese beim Arsenal, wo circa 1900 bis 1908 gespielt wurde. Heute gibt es nur mehr die beiden bekannten Plätze des Rennweger SV (seit 1919) und des LAC (seit 1977).

Übersichtstabellen zu den Vereinen erleichtern den Überblick. Fotos und Zeitungsausschnitte geben einen Eindruck in die Zeit. Mit dem Abdruck des Protestschreibens des Rennweger SV gegen die Einteilung in die 3. Klasse vom 13. August 1945 gibt es im Buch auch ein besonderes historisches Schmankerl.


33,50 € / im Buchhandel erhältlich

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