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Freitag, 11. Februar 2022

Trespass Extrablatt




Rezension


Trespass
Extrablatt
Sonderausgabe 2008 – 2019 2021
232 S.









Eine Sonderausgabe des Frankfurter Groundhoppinghefts Trespass erschien im Frühjahr 2021. Nicht aus Pandemiefolgen-Gründen, wie man in der Gegenwart eigentlich immer annehmen müsste, sondern aufgrund einer Hochwasserkatastrophe in der Heimatstadt der Autoren, Büdingen. Mit einer kleinen Heftpreiserhöhung für den guten Zweck soll damit Gewinn erwirtschaftet werden und dem Spendenkonto der Stadt für Überflutungsopfer zugute kommen. Mit dem Kauf dieses Hefts liest man also nicht nur Gutes, sondern tut auch Gutes.

Inhaltlich schließt man zunächst an der Ausgabe VI an und berichtet über Reisen, Fußballspielbesuche und Erlebnisse drumherum aus dem zweiten Halbjahr 2020. Man beginnt am 4. Juli 2020 beim FC Wil in der Schweiz und hat mit Slovan Bratislava – Spartak Trnava eine Woche darauf auch ein Spiel dabei, das ich selbst auch besucht hatte und bei dem ja eine deutlich zu bemerkende hohe Zahl an deutschen Groundhoppern zugegen war. Für mich aus Wien ist ein Bratislava-Ausflug wenig spektakulär und im neuen Stadion war ich zuvor auch schon mehrmals gewesen. Hier verlief die Anreise für Ede schon etwas anders, mit einem in Wien bestiegenen falschen Zug, und endete mit dem Länderpunkt Slowakei. Es gibt auch wieder Reiseberichte aus (für mich Mitteleuropäer) entlegenen Weltgegenden wie diesmal von Ösch von den Färöern, die „im Sommer 2020 zu einer Art Hotspot für die Fußballreiseszene“ geworden sind, wie ich hier lese. Das Interessante an Groundhoppingheften ist für mich auch immer, wie fern ich dann doch dieser „Szene“ bin, denn das ist komplett an mir vorbei gegangen. Ebenfalls interessant ist in Heften auch unterschiedliche Schwerpunktsetzung. So wird hier – wie aus den letzten Ausgaben gewohnt – viel Natur angeschaut, was ich nicht tun würde.

Im zweiten Teil des Hefts gibt es dann das eigentlich Besondere der Sonderausgabe, nämlich Abenteuergeschichten von Fußballreisen der Jahre 2008 bis 2019. Teilweise Rückblenden und teilweise Texte bzw. Textteile, die es aus Gründen nicht ins reguläre Heft geschafft hatten. Bereits die Rekonstruktion in Dialogform der Reise nach Helsinki bzw. genauer gesagt umständehalber Korpilampi ist aufgrund dieser Umstände großartig und regt zum Schmunzeln an. Zu etwas mehr noch als eben jenem Schmunzeln verführt die Liste und Beschreibung der elf schlechtesten Unterkünfte der beiden Autoren in den letzten Jahren. Auch hier bin ich wieder bei der obengenannten unterschiedlichen Schwerpunktsetzung, die solche Lektüre interessant macht. Da ich selbst Ausgaben für Nahrungsaufnahme und Alkohol im Prioritätenranking sehr weit unten ansiedle, dafür aber für ordentliche Hotels gern Geld zahle. Eine Fernreise, wie ich sie selbst wohl auch nicht machen würde, ist in der Riege der „Glory Days“-Berichte ebenso vertreten wie Italien. Ich habe das an anderer Stelle in Rezensionen auch schon geschrieben, kann es aber nur wiederholen: Egal wie und wo, Italien-Berichte lese ich in Heften immer am liebsten.

In einem dritten Kapitel gibt es persönliche Einblicke von Ösch. In den Trespass-Heften sind Texte oft mit sich nicht erschließenden Zitaten versehen. Ösch entschlüsselt dies hier, indem er die Quellen aus den Weiten des Hip Hop aufführt und seine offensichtliche Liebe zu dieser Musikrichtung mit Listen und einem Interview ergänzt. Mir selbst ist Hip Hop ja seit dem Erstkontakt ein Rätsel. Es gibt Musik, die ich mag, genauso wie solche, die ich nicht mag. Aber Hip Hop ist mir unverständlich. Ich weiß nicht, was das sein soll. Diese Musik löst weder emotional eine Reaktion aus noch bin ich in der Lage, rational zu verstehen, wie sie das tun möchte. Aber auch wenn ich dieses hier nicht verstehe, lese ich den Trespass wegen der Fußball-Geschichten gerne.


A5-Format / 6 € / erhältlich über trespass-zine @ gmx.de

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