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Sonntag, 25. Mai 2014

Ehemaliger SS-Sportplatz, KZ Mauthausen

Mauthausen, 24.5.2014

Direkt unterhalb der Mauern des von 1938 bis 1945 bestehenden KZ Mauthausen befand sich der Sportplatz der SS-Wachmannschaft. Ab dem Herbst 1943 trat hier eine Fußballmannschaft als SS Mauthausen zu offiziellen Spielen an, wie Walter Kohl recherierte. Er fand im Zeitraum von 1943 bis 1945 nur eine Niederlage dieser SS-Fußballmannschaft. In der kriegsbedingt im Frühjahr 1945 abgebrochenen Saison 1944/45 waren sie Herbstmeister der damaligen Landesklasse Oberdonau, der höchsten Spielklasse Oberösterreichs. Ihr Spiele waren öffentlich zugänglich. Leute aus dem Ort Mauthausen kamen hierher herauf, um Fußball zu schauen.


Rund 600 Mann stark war die SS-Truppe des KZ-Mauthausen. Ab 1942 wurden die Mannschaften aus den SS-Totenkopfverbänden durch SS-Männer aus den deutschsprachigen Volksgruppen in Rumänien, Ungarn und Jugoslawien ergänzt und ab 1944 wurden Wehrmachtssoldaten eingesetzt, berichtet Bertrand Perz. Sie versahen ihren von Gewaltausübung und Morden geprägten Arbeitsalltag und entspannten sich anschließend. Die Lager-SS nahm an Schimeisterschaften in Hinterstoder teil und spielte hier vor der Mauer des KZ Fußball. Nebenan starben die Menschen und rauchte der Schornstein des Krematoriums.


Luftbild des KZ, das den Fußballplatz südlich des Lagers zeigt.


„Gastspiele bei der Spielgemeinschaft Mauthausen müssen etwas Düsteres gewesen sein.“ schreibt Walter Kohl 2008 in einem Buchbeitrag, in dem er auch den Steyrer Rudi Strittich von so einem Auswärtsspiel beim KZ erzählen läßt: Die Gegner von Steyr waren damals in der SS-Uniform in die Kabine gekommen, hatten die Fußballdressen angezogen und gespielt. Danach waren sie wieder in die Uniform geschlüpft und hatten die Steyrer Kicker zu einem Bankett eingeladen. Im Lager. Strittich: ,Ich kann mich nicht so genau erinnern, wo genau das Bankett war. Ich glaube es war da − wenn man hinein geht beim Tor, rechts. Bedient wurden die Fußballer von Häftlingen. Rudi Strittich: ,Die haben wir nicht ansprechen dürfen. Umeinander gehen im Lager haben wir nicht dürfen. Was da vorgeht, hat man nicht gesehen.


Von den rund 200.000 Menschen, die in Mauthausen und seinen Außenlagern gefangen gehalten wurden, starb praktisch jeder Zweite. Nach der Befreiung des KZ durch die US Army am 6. Mai 1945 legten die Befreier am Sportplatz ein Massengrab für die nach der Befreiung an den Folgen der KZ-Haft verstorbenen Menschen an. Allein das Begraben war ein deutlicher Kulturbruch zur Nazizeit, wo die Ermordeten und Toten des KZ ohne Gedenken fabrikmäßig in den Krematorien verbrannt wurden. 1955 bis 1956 wurden die hier Bestatteten exhumiert. Die sterblichen Überreste der französischen Toten wurden nach Frankreich überführt, die übrigen auf dem einem Friedhof bestattet.


Die SS-Wachen spielten nicht nur in der Freizeit Fußball. „Sport“ und „Spiel“ war auch Teil der alltäglichen Folter und Demütigung der Gefangenen. Iakovos Kambanellis erzählte in seinem Buch Die Freiheit kam im Mai über den Umgang von SS-Männern mit einem Juden in einem Lager in Simmering: „Die SSler hatten einen offenen Kreis um ihn gebildet und ihm zugeschrien: ,Ball!‘ Der Jude hatte zu laufen begonnen, vom einen zum anderen, und sie hatten ihn gegen die Beine, in den Bauch, in die Rippen, gegen den Kopf getreten. Das Fußballspiel hatte geendet, als der ,Ball‘ im Schlamm aus Erde und Blut reglos liegen geblieben war. Als sie es überdrüssig geworden waren, jeden Tag dasselbe Spiel zu spielen, ertränkten sie ihn in einem Fluß.“

Sowjetische Kriegsgefangene vor einer Häftlingsbaracke im KZ Mauthausen (Wikimedia)

Sport war aber auch für die Gefangenen in der Ausnahmesituation KZ Teil des Lebens. Fußballspielen war ein Mittel der Ablenkung und Ausdruck des Überlebenswillens. Für die ausgehungerten, gefolterten und geschwächten Menschen bedeutete ein Spiel aber nicht nur körperliche Anstregung, weswegen sie nur wenigen möglich war: Eine Verletzung konnte als mögliche Einschränkung der Arbeitskraft die Ermordung zur Folge haben. Dennoch wurde innerhalb des KZ Mauthausen von den Häftlingen ab Sommer 1943 sonntags Fußball gespielt. Sie spielten aber selbstverständlich nicht am schönen Sportplatz im Freien, sondern innerhalb der Mauern und des elektrisch geladenen Stacheldrahts. Im Schatten der Maschinengewehre der SS auf den Türmen.


Literatur

  • David Forster, Massengrab Fußballplatz. in: Ballesterer 38 (2008/09), S.46
  • Iakovos Kambanellis erzählt. Materialien zur Vor- und Nachbereitung eines Besuches der Gedenkstätte Mauthausen. in: mauthausen-memorial.at (2012)
  • Walter Kohl, Als die Mauthausener SS Oberösterreichs Fußballmeister war. in: Michael John / Franz Steinmaßl (Hg.), ... wenn der Rasen brennt ... 100 Jahre Fußball in Oberösterreich. Grünbach 2008, S.61−98
  • Walter Kohl, KZ-Schergen als Herbstmeister. in: Ballesterer 35 (2008), S.42f.
  • Martin Krauss, Tod und Spiele. in: 11 Freunde, 114 (2011), S.54−57
  • Karin Krichmayr, Wie sich der Alltag der Lager-SS gestaltete. in: Der Standard, 25.4.2012 (derstandard.at)
  • Rudi Leo, Sport im Konzentrationslager. in: leo.twoday.net, 4.5.2009
  • Patrick Stegemann, „It was a game against the Nazis“. in: Transparent 3 (2012), S.44−46

2 Kommentare:

  1. Aus Erzählungen eines Arztes jüdischer Abstammung sind Kleinkinder in einen Sack gesteckt, dieser verknotet und mit ihnen so Fußball gespielt worden

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    1. Es gibt leider einen unerschöpflichen Fundus an Grausamkeiten, was Menschen einander antun können. :-(

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