Ungarn, Nemzeti Bajnokság II, 16. forduló, 30.11.2013
Grosics Gyula stadion, 250
Leider keine Tore und ein ereignisarmes, dann doch eher langweiliges Spiel gab es in Tatabánya. Weder der heimische Abstiegskandidat noch die favorisierten Gäste von Békéscsaba Előre konnten überzeugen. Dafür stellte sich uns der Vater des von hier stammenden ungarischen FIFA-Schiedsrichters Viktor Kassai vor und gab uns mit auf den Weg, sich an ihn zu erinnern, wenn wir seinen Sohn pfeifen sehen.
Auf heimischer Fanseite gab es die Turul Ultrái, benannt nach dem nationalmythologischen Fabelwesen des Turulvogels, den eine riesige Statue auf einem Hügelzug über der Stadt zeigt. Sie unterhielten sich zunächst nur untereinander, begannen dann aber die letzten gut 20 Minuten zu supporten. Dann gab es von ihnen nette Gesänge wie ein mehrzeiliges Bányász alé zur Melodie von „I will survive“. Der Gästeanhang aus Békéscsaba machte sich mehrmals mit Chants während des Spiels bemerkbar und hatte auf dem weiten Weg hierher einen Böller mitgebracht.
1910 wurde in der Bergbaustadt Tatabánya der Tatabányai Sport Club gegründet. 1947/48 gelang erstmals der Aufstieg in die erste Liga. Als Tatabányai Bányász SC war man ab 1950 Aushängeschild des hiesigen Bergbaus und Schwerindustrie (Bányász heißt „Bergarbeiter“). Gute Zeiten waren die 1950er Jahre, als der Verein u.a. 1958/59 den vierten Tabellenplatz in der NBI erreichte. Noch besser wurde es in den 80er Jahren, als man fünfmal im Europacup spielte und 1981 und 1988 Meisterschaftszweiter wurde. Im UEFA-Cup schlug man hier 1981 Real Madrid 2:1 und schied nach einer 1:0-Niederlage im Retourspiel nur aufgrund der Auswärtstorregel aus.
1972, 1985 und 1999 erreichte Tatabánya das Cupfinale. 1985 konnte man trotz Finalniederlage gegen den Meister Honvéd im Europacup der Cupsieger antreten und traf dort in der ersten Runde auf Rapid. Rapid stieg mit 5:0 im Hinspiel zuhause und 1:1 im Rückspiel hier problemlos auf.
Nach der Wende stürzte der Verein 1993 in die dritte Liga. Nach einer Krise und Neugründung des Vereins 2002 als FC Tatabánya spielte man von 2005 bis 2008 zuletzt noch in der ersten Liga. Seither agiert man mit wechselndem Erfolg in der NBII, derzeit im Abstiegskampf.
Das Grosics Gyula stadion wurde 1946 eröffnet. In das Stadion paßten schon einmal 25.000 Leute (bei einem Spiel gegen Ferencváros 1960). Die Kapazität wurde über die Jahrzehnte verringert und beträgt nach der letzten Renovierung 2007 5.021 Plätze. Bis auf den Auswärtssektor wurden auch die Stufen der Gegengerade mit Sitzplätzen versehen.
2011 wurde das Stadion nach dem 1926 geborenen Gyula Grosics benannt. Der Tormann aus Dorog spielte von 1947 bis 1962 in der ungarischen Nationalmannschaft. Mit der Aranycsapat („Goldene Elf“) gewann er die Olympischen Spiele 1952, 1953 als erste nicht-britische Mannschaft in Wembley gegen England und stand 1954 im WM-Finale. Auch bei den Weltmeisterschaften 1958 und 1962 stand er im ungarischen Tor. Nach der überraschenden WM-Finalniederlage 1954 gegen Westdeutschland gehörte er zu jenen Spielern, die vom kommunistischen Staat bestraft wurden. Er wurde verhaftet, stand wegen angeblicher Spionage vor Gericht, sein Vater verlor seinen Arbeitsplatz und er selbst wurde schließlich 1957 vom Spitzenverein Honvéd zum kleineren Verein nach Tatabánya geschickt.
Vor dem Spiel wurden die nahe Stadt Tata besichtigt und auch beim dortigen Sportplatz vorbeigeschaut.
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