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Mittwoch, 10. Juli 2013

Der tödliche Pass, 69



Rezension

Der tödliche Pass
Magazin zur näheren Betrachtung des Fußballspiels
Heft 69, Juli 2013
90 S.





Ein herrliches Stück Fußball-Mediengeschichte bringt Albrecht Sonntag mit seiner kleinen Geschichte der französischen Wochenzeitschrift France Football, die lange Jahrzehnte stilprägend war und in den letzten Jahren in der Krise ist. Sowohl der Europacup als auch die Auszeichnung für Europas Fußballer des Jahres (Ballon d'Or) wurden in den fünfziger Jahren von ihren Journalisten erfunden. Der Preis wurde 2010 an die FIFA verkauft, was Sonntag als selbstmörderischen „Ausverkauf des unersetzlichen Tafelsilbers“ bewertet, da damit neben den Kontakten die Deutungshoheit und das Renommée verlorengingen.

Gerald Wenge beschreibt wie er bei Lazio am Eintrittskartenkauf scheiterte, obwohl er eine Stunde vor Spielbeginn am Stadion war. Es ist nur eines von vielen Beispielen, wo es in Italien nicht mehr möglich ist, kurzfristig oder überhaupt Karten am Stadion zu kaufen. Das ist Teil der seit 2007 allgemein verfolgten Politik der leeren Stadien. Aus Gründen der Gewaltprävention werden spontane und einzelne Stadionbesuche möglichst schwierig gestaltet. Es überrascht, daß dies überrascht. Es ist allerdings tatsächlich von Stadt zu Stadt und Verein zu Verein verschieden. Selbst im beschaulichen Grosseto war die nächste Tabaccheria mit Vorverkauf gut zwei Kilometer vom Stadion entfernt.

Über das Champions-League-Finale gibt es wohltuend unaufgeregte Texte. Wenn Patrick Becker über den Dortmunder Wegs ins Finale schreibt „Turnvater Jahn wäre stolz auf die Spielweise der Dortmunder gewesen, die treu dem Motto ,frisch, fromm, fröhlich und frei die Madrilenen aus dem Bewerb waren.“ dann glaube ich dies allerdings nicht. Dieser hätte wohl den Fußball als englischen Sport verteufelt, da die Deutschen zur Wehrhaftmachung und Kriegsvorbereitung besser Turnen sollten. Er hätte sich auch entschieden gegen die „Ausländerei“ einer aus fußballerischen anstatt völkischen Gesichtspunkten zusammengestellten, nicht rein deutschen Mannschaft gestellt.

Ein philosophisch-assoziativ wunderbarer kleiner Fehler ist im übrigen die mußmaßliche Autokorrektur des Rechtschreibprogramms im Titel der Biographie über Dragoslav Stepanović von Lebbe geht weider auf Lebbe geht wieder im gewohnt exzellenten Buchrezensionsteil.

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