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Mittwoch, 14. September 2011
Ballesterer 65
Rezension
Ballesterer fm
Nr. 65, Oktober 2011
66 S.
Die Titelgeschichte über Belgrad bildet eine schöne literarische Collage von Stefan Kraft über Vergangenheit und Gegenwart von Crvena zvezda (Roter Stern Belgrad) und Partizan, ihre Fans und umkämpfte Geschichte. Lehr- und informationsreich. Zumindest ebenso interessant ist der kleinere Schwerpunkt über den explosiven Manipulationsskandal in der Türkei um systematische Schiebung von Spielen. Beim momentan hauptbetroffenen Fenerbahçe wird dies als Versuch der feindlichen Übernahme interpretiert und führte zu Fan-Demonstationen und dem Rauswurf von Medienvertretern durch aufgebrachte Fans aus dem Stadion. Ein sehr spannender Artikel von Markus Wachter.
Georg Pitschmann beleuchtet das Leben des hierzulande völlig zu Unrecht unbekannten Milan-Sturmtanks der 1950er Jahre Gunnar Nordahl, Teil des schwedischen Trios Gre-No-Li zusammen mit Gunnar Gren und Nils Liedholm (letzterer war später auch erfolgreicher Trainer bei Milan und der Roma).
Gut ist auch der Artikel von Dietmar Knäckbauer und Clemens Schotola über Umtriebe der Neonazi-Hooligans der Wiener Austria − ich will mir die mediale Aufregung gar nicht vorstellen, die geherrscht hätte, wenn es nicht ein solcher, sondern ein Rapidler gewesen wäre, der mit dem norwegischen Terrorist und Massenmörder Breivik in Kontakt gewesen wäre und von diesem Post erhalten hätte... − und das alltägliche rechtsextreme Milieu, das unter unpolitischem honorigen Deckmantel bei Hellas Kagran agiert und sich in der Mitte der Gesellschaft platziert. Es ginge ja nur um Fußball. Wer's glaubt.
Ganz und gar nicht teile ich die im Editorial bekräftigte Position des Ballesterer, fremdsprachige Eigennamen konsequent falsch zu schreiben, „auf Hatscheks, Cedillen und Accents zu verzichten, weil uns der Mehrwert gering erscheint“. Dies ist, mit dem Hinweis auf die layouttechnische und orthographische Mühsal der diakritischen Zeichen, die ohnehin niemand verstünde, ein Ausdruck offensiver Ignoranz und stolzer Bildungsverweigerung. Es ist meiner Meinung nach ein Zeichen mangelnden Respekts und der Geringschätzung des Anderen. Das steht einer Zeitschrift, die ihrem Anspruch nach an der „offensiven Erweiterung des Horizonts“ arbeiten möchte, schlecht an.
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