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Freitag, 26. September 2008
Rapid, Rapid...
Rezension
Reinhold Aumaier
RAPID, RAPID...
Ein Match-Tage-Buch
samt Rückschau & ein Blick nach vorn
Linz/Wien 1999 (Resistenz)
223 S.
Der unlängst leider verstorbene Wendelin Schmidt-Dengler (für ihn und den Ex-Schiedsrichter Fahnler wurde beim letzten Heimspiel eine Schweigeminute abgehalten) hat in seiner Liebeserklärung an den Fußball und die Rapid im Band Die Eleganz des Runden Leders Aumaier erwähnt. Länger schon im Hinterkopf gehabt, war dies der letzte Anstoß, das Buch zu lesen. Schmidt-Dengler hat geschrieben, daß Aumaiers Buch "in literarischer Hinsicht gerade deswegen so gelungen ist, weil der Autor fünfzehn Monate Vereinsgeschichte anlässlich des hundertjährigen Bestehens des Vereins mit Selbstironie und doch mit der echten Überzeugung des Anhängers kommentiert, die Spieler punktgenau charakterisiert und Triumph und Enttäuschung ohne Emphase verzeichnet. Ich weiß nicht, ob je einem anderen österreichischen Verein eine so liebevolle und kontinuierliche Betrachtung durch ein Stück Literatur zuteil wurde."
Letzteres stimmt sicherlich und hebt das zum 100er Rapids vor auch schon bald zehn Jahren erschiene Buch heraus. Stilistisch steht es in einer Reihe mit den großen Werken zweier anderer Schriftsteller, Nick Hornbys Buch über Arsenal (Fever Pitch, 1992) und Tim Parks' über Hellas Verona (Eine Saison mit Verona, 2002). Der Fußball als strukturierendes Lebensthema in Tagebuchform beschrieben, verwebt mit den sonstigen Dingen des Lebens (Arbeit, Familie und andere Nebensächlichkeiten zwischen den Spielen). Leider, um das gleich zu sagen, teile ich aus meiner bescheidenen Warte das kanonische Urteil Schmidt-Denglers nicht - mich hat's in Summe nicht begeistet.
Aumaier begleitet Rapid in Tagebucheinträgen vom 31. März 1998 bis zum 3. Juni 1999. Schön zu lesen ist die Leidenschaft für Rapid, für das Spiel. Auch und gerade auch für die noch in der Stadtliga spielenden Amateure, mit dem jungen Helge Payer im Goal. Eine assoziationsreiche Rückreise in die Vergangenheit bieten die Namen der damaligen Spieler, die Aumaier erwähnt und charakterisiert. Wohlbekannt die Gefühle der Hoffnung, die er mit neuverpflichteten Spielern verbindet. Auch wenn man darüber im konkreten im Abstand von einem Jahrzehnt schmunzelt (Saler, Mitteregger, ...), hier bringt Aumaier sehr stark und gut die Emotionen des spielbezogenen Fußballfans und die Spannung von Runde zu Runde zu Papier. Leider plätschert die Erzählung allerdings zu sehr ohne Höhepunkte dahin und streckenweise stellt sich Fadesse ein.
Ein absoluter Minuspunkt, der nicht verschwiegen werden sollte, ist der Rassismus. Die in den 90er Jahren furchtbar weit verbreitete und auch heute einzeln noch hie und da aufflammende Unart, Spieler afrikanischer Herkunft mit "Affenlauten" rassistisch zu verhöhnen findet Aumaier gut, wendet sich gegen eine Aktion des Vereins gegen diesen Rassismus. Er schreibt: "In dieser Frage kann man verschiedener Meinung und Ansicht sein. Natürlich neige ich eher zur "affigen". Nur kann man dieses nach wie vor auftretende und immer wieder diskutierte Problem auch etwas lockerer sehen. Ich glaube kaum, daß ein dunkelhäutiger Mensch, der in einem Land des weißen Mannes kickt, wohnt und lebt, von verbalen Deppereien sonderlich beeinflußt oder gar gequält wird." Sorry, das ist Rassismus pur. Wer nicht erkennt, wie schmal der Grat zwischen Wort und Tat war und ist, wer den Unterschied zwischen Humor oder aus Emotionaliät hervorgerufener Beschimpfung und herabwürdigender Verächtlichmachung anderer Menschen nicht erkennt, ist blind, verblendet oder dumm. Daß dies ein gescheiter Mensch ist, ein Mann des Worts, der sich über die Abwahl Kohls 1998 freut und den Falter liest, ist schlimm. Aber wohl kein Ausreißer, wenn auch das rassistische Wort "N." einfach so verwendet wird (S.145). Immer interessant ist ja, daß dies für die eigenen selten gilt. So auch Aumaier über Charles Wittl, von dem er sich einerseits erhofft, daß er nur "ein Farbtupfer" in der Mannschaft bleibt (S.160) und andererseits meint, "Wir brauchen Leute, die sich wieder mit Grünweiß voll identifizieren; und wenn's in Frankreich aufgewachsen sind und in Afrika geboren. RAPIDler kann jeder werden, der das Zeug dazu hat und ausspielen will: als Kicker und Mensch; mit Leib & Seele, Haut & Haar." Genau! Doch scheißegal, wie er ausschaut, welche Hautfarbe er hat, welche Sprache, welche sexuelle Orientierung, welche Frisur, welchen Musikgeschmack - solange er kämpft und siegt für Rapid. Und gleiches gilt für Spieler anderer Vereine - das sind Gegenspieler, keine "Untermenschen".
Was bleibt: Es geht um Rapid, das ist gut, richtig und schön. Da hatte Schmidt-Dengler vollkommen recht. Ich glaube aber nicht, daß man das Buch lesen kann ohne übermäßig interessierter Rapidfan zu sein (ein Unterschied etwa zu Parks' Buch über einen Unsympathlerverein).
Ich hab das Buch zufällig in der Hauptbücherei gefunden und musste es natürlich gleich mitnehmen. Allerdings hab ich es nach etwa 50 Seiten wieder weggelegt, weil es vor Rassismus beinahe triefte. Gut zu lesen, dass ich da nicht der/die Einzige bin. (Ich habs dann doch noch amal zur Hand genommen und ja, man kann es wahrscheinlich wirklich nicht lesen, ohne Rapidfan zu sein. Schön fand ich aber die "nostalgischen" Schilderungen, wie er immer seine Mutter angerufen hat, wegen dem Matchergebnis.)
AntwortenLöschenauch für mich gut zu lesen, daß ich nicht der einzige bin!
AntwortenLöschenja, Nostalgie gibt's wirklich zur Genüge - Dinge wie daß man ein Testspielergebnis nicht erfährt, weil es nicht in der Zeitung steht und man anrufen muß, um es zu erfahren oder daß man in die Telefonzelle geht, wirken im Internetz- und Handyzeitalter tatsächlich wie aus einem anderen Jahrtausend