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Mittwoch, 30. April 2008

Platzverweis


Rezension


Platzverweis
Das irre reguläre Fußballmagazin zur Euromania 08
50 S.





Eine singuläre Publikation zur EM unter Datum-Ägide und Chefredaktion des Standard-Sportredakteurs Johann Skocek. Es schreiben darin FH-Journalismustudierende, neben ein paar "üblichen Verdächtigen" des österreichischen Fußball-Intellektualismus (Peter Menasse, Kobenter, Weisgram). Ganz nett gemacht, auch ein paar gute Artikel, etwa Fuck Cordoba von Christian Böhmdorfer über die österreichischen Fußballnationalpatriotchauvinismus und dessen Abfeierung von "Córdoba '78" (siehe dazu auch Sonja sowie den Artikel von Florian Labitsch im unlängst erschienenen Buch kicken). Es ist halt ein klassischer konstitutiver Nationalmythos, den ich als solchen selbst nicht so schlimm find' - natürlich konstruiert, überschäumend etc., aber das ist ja immer so. Mich selbst bewegt er aber auch nicht . Da lob' ich mir lieber "meinen" Mythos Rapid - das ist Leidenschaft und nicht im Ansatz zu vergleichen mit der zwischen mau und grauslich changierenden "Stimmung" bei Länderspielen.

Am besten ist Michael Lugers Artikel Gefangen im Plattenbau über singende Kicker und den oftmals legendär schlechten Musikgeschmack von Fußballern (mit sehr wenigen positiven Ausnahmen). Seine These:
"Der 15-jährige Fußballnarr, der, wann immer es möglich ist, auf dem Platz steht und von einer Profi-Karriere träumt, hat nichts mit dem 15-jährigen Indierock-Fan, der mit seinen Freunden Konzerte besucht, gemeinsam. Daher kann zehn Jahre später der 25-jährige Fußballprofi mit den vielfältigen Popbezügen Gleichaltriger wenig anfangen. Er hat seine Zeit und seine Emotionen in einer Phase, in der sich derartige Prägungen herausbilden – der Pubertät – dem Fußball gewidmet. ... Die musikalische Austrocknung in den formativen Jahren führt also dazu, dass junge Sportler wie Ivanschitz oder Janko den Popgeschmack von 50-Jährigen haben und auf künstlerisch irrelevante musikalische Bauernfänger wie Fendrich reinfallen."

Die Artikel gibt's jeweils auch in einer englischen Übersetzung, nur wird eigentlich nirgends erkärt, warum man das macht. Und die lieblose grafische Aneinanderreihung von deutscher und englischer Version ist ehrlich gesagt auch suboptimal. Sonst gibt's halt bei so einem Erstlingsprodukt Kinderkrankheiten ("irre regulär" hat schon einen ziemlichen Bart, Layoutfehler auf S.27). Des weiteren noch einige okay gemachte 08/15-Ware wie Reportagen über Rotlicht und Schwarzmarkt, aber gut, sie haben ihren Stellenwert ja auch selbst richtig :-) eingeordnet:
"Es gibt im Fußball fast nichts Schlimmeres als Magazine, die einzig und allein anlässlich von Welt- oder Europameisterschaften auf den Markt kommen. Auch zur EURO werden wieder mehr Hefte zum Thema Fußball in den Trafiken liegen als man in seinem Leben lesen kann. Noch dazu sind diese Magazine zumeist schlecht recherchiert, unvollständig und vollkommen uninteressant, sprich unnötig. Sogar Studenten bringen schon eigene Magazine zur EURO heraus. So geht das nicht: Platzverweis für alle EURO-Magazine!"

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