GAK – Sturm Graz 0:1 (0:0)

ÖFB-Cup, Achtelfinale, 19.10.2022
Stadion Liebenau, 15.400

Erstes Grazer Derby seit 15 Jahren. Eine unglaublich lange Zeitspanne ist seit der letzten Begegnung vergangen und so waren Spannung, Vorfreude, Erwartungen, aber auch Geplänkel im Vorfeld auch groß. Der sportliche Favorit, Bundesligist Sturm Graz, gewann nur knapp mit einem Tor nach etwas mehr als einer Stunde Spielzeit gegen den Zweitligisten GAK. Sturm hatte zwar mehr Spielanteile, die Chancen waren aber nicht recht groß. In der Nachspielzeit scheiterte der Ex-Austrianer Liendl mit einem Freistoß, der den GAK fast in die Verlängerung gebracht hätte.
Die Atmosphäre war hochklassiger als das Fußballspiel. Ein richtiges Derby eben. Angesichts des frühen Spieltermins am Werktag um 18 Uhr Zuspätkommende konnten vor Spielbeginn im ausverkauften Stadion noch gut ihre Plätze einnehmen, da der tiefhängende Rauch aus der GAK-Choreographie den Ankick um sieben Minuten verzögerte.
Der GAK-Anhang hatte sich in einem Park getroffen und war im Corteo zum Stadion marschiert, wo vor dem Kurveneingang feurig der Mannschaftsbus in Empfang genommen wurde. „Rotes Graz“ war die Devise auf den Motto-Pullovern der Szene und die Aufschrift der Überrollfahnen der Choreographie rund um einen großen roten Panther (in den Farben Weiß/Grün steirisches und Grazer Wappentier). Eher überraschend stieg dazwischen dann schwarzer Rauch auf. Im roten und weißen Licht von Unmengen an Pyro leuchtete hernach der GAK-Sektor aber im Spielverlauf immer wieder beachtlich. Dazu wurden zahlreiche Spruchbänder gezeigt, wobei aufgrund der Rauchwolken viele zumindest von gegenüber kaum lesbar waren. „Ob wir gewinnen oder verlieren, scheißegal, wir lieben dich“ sang der Sektor 22 des GAK und feierte die Mannschaft nach Schlusspfiff trotz Derbyniederlage für ihre Leistung.
„Graz sind wir“ war die Devise, nach welcher der Sturm-Anhang sich an historischem Ort, in der Gruabn mit ihrer jüngst sanierten historischen Holztribüne, getroffen hatte und im Corteo über die von der Stadt Graz bald nach dem verstorbenen Ivica Osim benannte Straße zum Stadion marschiert war. Die Umbenennung war auch eines der Themen eines GAK-Spruchbands, da man die Herangehensweise im Derby-Vorfeld als respektlos empfand: „Die Legende als Provokation zu inszenieren bedeutet von Osims Worten nichts zu kapieren“. Das Spruchband des Intros zu Matchbeginn zeigte mit „Come on boys take 'em all“ eine Zeile aus einem bei Sturmspielen in Liebenau auch gern im Stadionmusikprogramm gespielten Lied von Cock Sparrer. Die hohe Anzahl an Spruchbändern war Teil einer ordentlichen Derby-Atmosphäre. „Unsere Stadt. Unser Stadion. Rote Vegl raus aus Liebenau!“ unterstrich etwa die Nordkurve ihr Bemühen, Liebenau zum alleinigen Sturmstadion zu machen. „Habt's euer Stadion schon?“ fragte man beim GAK dazu zum Stand der Dinge.
„Rote Schweine“ war auf Doppelhaltern in der Nordkurve zu lesen. Im Vorfeld hatte es um einen rot angemalten Kadaver eines toten Schweins, das auf einer Brücke aufgehängt wurde, öffentliches Aufsehen in allen Medien gegeben. Aufsehen im Stadion löste die Präsentation eines großen alten Fetzens der Red Firm (hier z.B. 2006 im Hanappi-Stadion zu sehen), der dann auch dem Feuer übergeben wurde. „Oh GAK, ihr seid's die greßten Oaschlecha“ sang man dazu zur Oh-Tannenbaum-Melodie.
Abseits der Fansektoren war das Publikum gemischt und die Anteile fast ausgeglichen mit vielleicht leichtem Sturm-Überhang. GAK-Wechselgesänge zwischen Kurven und Längsseiten gab es ebenso wie die typischen „das ganze Stadion“-Gesänge von Sturm.
2007 war der GAK ins Unterhaus abgestürzt, ging viermal in Konkurs und hatte sich nach Neugründung erst wieder in den Profifußball zurückkämpfen müssen (2019). „In unserer Stadt seids irgendwer“ schrieb die Nordkurve auf einem Spruchband. Ruhig war es in Graz auch ohne Derby nicht gewesen. Ungewöhnlich beleuchtete das vor fünf Jahren eine vom GAK in einem offenen Brief zusammengestellte Liste an Vorfällen, die es ins deutsche Magazin 11 Freunde schaffte. Es war nunmehr das 198. Grazer Derby. Die Bilanz steht jetzt bei 81 Sturm-Siegen, 68 GAK-Siegen und 49 Remis. Eine 15-jährige Pause hatte es zuvor nicht gegeben. Wann ein nächstes Derby sein wird, ist offen.