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Mittwoch, 18. Mai 2016
Ballesterer 112
Rezension
Ballesterer
Nr. 112, Juni/Juli 2016
98 S.
Es gibt Leute, die sich für den Song Contest interessieren und welche, die bei Fußballländerspielen und Turnieren wie EM und WM mitfiebern. Mein Fall sind all diese Nationalstaaten-Wettstreite nicht. Für die diejenigen, die sich dafür erwärmen, aber vielleicht nicht erhitzen, bietet die bewährte EM-Spezialausgabe des Ballesterer viel an Hintergrundinformation. Von einem Portrait von Nationalteamfans (schönes Foto mit McDonalds-Werbeschal in der Schalparade) bis hin zu Analysen zur Situation in einzelnen Ländern. Die Feststellung, dass Ján Novota bei Rapid „derzeit Ersatz“ wäre, ist nicht wirklich zutreffend. Er war in dieser Saison bis zu seiner Verletzung Stammspieler und rekonvaleszent zu Saisonende kein einziges Mal im Kampfmannschaftskader, also nicht Ersatzspieler.
Ein eigenes, sehr spannendes Dossier im Innenteil beschäftigt sich mit Sport, Politik und Fankultur im EM-Austragungsland Frankreich. Hier geht es etwa um die UEFA im Korruptionsstrudel. Interessante Lektüre ist Hardy Grünes Artikel über Frankreich als Fußballland, wo Radfahren und Rugby als Massensport teilweise wichtiger sind als der Fußball. Christoph Heshmatpour beschreibt die Einschränkungen der persönlichen Freiheiten im seit einem halben Jahr aufgrund der Terror-Gewaltverbrechen geltenden Ausnahmezustand. Edgar Lopez analysiert in einem Artikel das Fanleben in Frankreich der vergangenen Jahre, wo die Polizei mit Gummigeschossen zwei Menschen schwer verletzte, was aber außerhalb der Fanszene niemand aufregte. Verbote, das eigene Fußballteam bei Auswärtsspielen zu begleiten, werden routiniert und systematisch verhängt und durchgesetzt. „Seit der Verhängung des Ausnahmezustands nach den Terroranschlägen im November 2015 wurden bis zum Wochenende des 1. Mai quer durch alle Ligen über 200 Gästeverbote gezählt.“ schreibt Lopez. „Die Notstandsgesetzgebung werde zusehends als Allzweckmittel eingesetzt,“ erzählt Fananwalt Pierre Barthelemy in Lopez' Artikel, „selbst wenn nicht einmal die leistete Anschlagsgefahr bestünde. Vor dem Spiel zwischen Troyes und Rennes im Jänner etwa hätten die Behörden sogar den Heimfans verboten, sich an einem zentralen Ort zu treffen. Begründung: Man müsse dafür sorgen, dass der Ausverkauf in den zahlreichen Factory Outlets der Stadt reibungslos ablaufe.“
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