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Mittwoch, 28. März 2012
11 Freunde Spezial 1
Rezension
11 Freunde
Spezial Nr. 1
Sonderausgabe
Die Geschichte der Fußballfans
130 S.
Nach Veröffentlichungen und dem einen oder anderen Bonmotversuch der vergangenen Jahre ließ ein Sonderheft von 11 Freunde zum Thema Geschichte der Fußballfans erwarten, daß die 80er Jahre und allenfalls noch die späten siebziger Jahre generationsbedingt als goldene Zeit der Fußballfans verklärt werden würden, gewürzt durch Seitenblicke auf Kuriosa der Jahrzehnte zuvor und Beispiele des kulturellen Verfalls in späteren Jahren.
Ganz so schlimm wurde es nicht, dennoch steckt dies im großen und ganzen den Rahmen des Hefts ab. Manches ist einfach richtig, wenn Philipp Köster etwa ein Lob der Stehplätze verfaßt. Natürlich liest man Erinnerungen altgedienter Fans an ihre wilde Jugend in den 70ern und 80ern gerne, auch die kuriose Geschichte von Hardy Grüne über den Dorfverein SV Algermissen und eine Auswärtsfahrt am LKW in den 1930ern. Der Artikel vom Endspiel um die Westfalenmeisterschaft 1947, das Borussia Dortmund in strömendem Regen gewann und sich ab da überhaupt erst in der Stadt selbst als allgemein angenommener Verein zu etablieren begann, ist spannend.
Einen Blick in die Gegenwart bietet u.a. Andreas Bocks Geschichte über kritische Brüche in der neugegründeten Austria Salzburg.
Immer wieder sind es die 70er und 80er Jahre, in denen sich alles abspielt: Alex Raack berichtet über 200 Gewinner eines Preisauschreibens, die von einem Ölkonzern 1970 zur WM nach Mexiko geschickt worden waren, um die westdeutsche Nationalmannschaft anzufeuern − mancher war zuvor noch gar kein Fußballfan. Thomas Dudek schreibt darüber, wie 1983 ein Europacupspiel von Lechia Gdańsk zur politischen Kundgebung für die Solidarność gemacht wurde, da Lech Wałęsa im Stadion in Danzig war. Die Fangesänge störten das Regime so sehr, daß schließlich das Fernsehen den Originalton abdrehte und durch Fangesänge aus dem Archiv ersetze. Julius Müller-Meiningens These, daß in Neapel Mitte der achtziger Jahre „die moderne Ultrakultur“ entstanden wäre, ist historisch, nun ja, originell. Sehr schön sind aber die Bilder der Maradona-Verehrung. Die Tragödie von Heysel 1985 wird ebenfalls beleuchtet.
Das Heft bietet viele gelungene historische Splitter. Eine etwas breitere zeitliche Herangehensweise abseits der 70er/80er wäre aber angebracht gewesen, um dem Titel Die Geschichte der Fußballfans zu entsprechen. So wäre Aus der Geschichte der Fußballfans passender gewesen. Zur Entstehung von Fankulturen und ihre Unterschiede zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten sollte man sich nichts erwarten. Zu kurz kamen Brückenschläge aus der Vergangenheit in die Gegenwart, auch wenn die guten Essays von Christoph Biermann und Philipp Köster dies unternehmen. Positiv sind allerdings die Blicke über den deutschen bzw. westeuropäischen Tellerrand, in die DDR und ins kommunistische Polen.
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