Übersichtsseiten:

Mittwoch, 14. Mai 2008

Wo die Wuchtel fliegt + herz:rasen

Vor der herannahenden EM erscheint nicht nur eine Unmenge an Fußballbüchern, die nicht mal ich alle lesen kann, es gibt auch ein paar interessante Ausstellungen zum Thema Fußball. Hier einmal die ersten beiden, die praktischerweise gleich beinander liegen:


Wo die Wuchtel fliegt
Legendäre Orte des Wiener Fußballs


24. April bis 3. August 2008
Wien Museum (Karlsplatz)


Eine sehr nette Ausstellung über ausgewählte Orte des Wiener Fußballs und ihre Geschichte, mit hübschen Sachen wie sehr interessanten Bildern vom Bau des Hanappi-Stadions und beeindruckenden Farbphotographien der Pfarrwiese (Heimstätte 1912-1978), einem imposanten Gemälde der mit zehntausenden Leuten besuchten Hohen Warte von 1928, ein paar gut dosierten Videobeiträgen (v.a. eine grandiose Wochenschaureportage über die Meisterschaftsentscheidung 1959 zwischen Sportclub und Rapid - im als Sportc/klub-Herrgottswinkel gestalteten Eck, nichts für ungut ;-) - und einer Menge an Ausstellungsstücken, an Bildern und Dokumenten. Sehr, sehr schön, genauso stelle ich mir eine gute historische Fußballausstellung vor, die ruhig dauernd sein könnte. Allerdings hätte ich mehr Rapid schon gut vertragen.

P.S.: Beim historischen Wuzzler aus den 30er Jahren hätte man dazuschreiben können, daß "Ambrosiana" ja nur der faschistische Umbenennung von Inter war, wie es auch anderswo in der Ausstellung vermerkt ist. Oder hab' ich das nur übersehen?



Peter Eppel / Bernhard Hachleitner / Werner M. Schwarz / Georg Spitaler (Hg.)
Wo die Wuchtel fliegt
Legendäre Orte des Wiener Fußballs
Wien 2008 (Löcker Verlag)
160 S.



Der Ausstellungskatalog ist ein wirkliches Glanzstück! Abwechslungsreiche, hochqualitative Texte ergänzen und erweitern die Themen der Präsentation (Fangeschichte der West im Hanappi-Stadion etc.), überaus reichhaltig illustriert mit den Bildern aus der Ausstellung und historischen Inseraten mit Fußballbezug als sehr netten Zeitdokumenten. Dieses Werk setzt Standards.



herz:rasen
Die Fußballausstellung


4. April bis 6. Juli 2008
Künstlerhaus Wien (Karlsplatz)


Bei dieser Ausstellung sieht man an der Gestaltung und ihrer Größe, daß da das Geld daheim war (als quasi offizielle Ausstellung zur EM). Ziel war hier eine umfassende Fußballpräsentation. Eine ziemlich überwältigende Fülle an Inszenierungen, Objekten und Installationen. Da ist dann natürlich einiges dabei, was man persönlich jetzt nicht so spannend gefunden hat ("Der Weg des Spielers") und viel Firlefanz, dafür anderes, das das Herz wärmt (die Bilder von Fans), von der eigenen Leidenschaft her konnotiert ist (die Rapid-Gedenktafel zur Meisterschaft 1912/13, der Ball von Rapid-Schalke 1941) oder auch kulturell sehr interessant ist (die mediale Rezeption des Fußballs in Bild, Print, Radio, Fernsehen und dessen Geschichte - mit verschiedenen Radioübertragungen aus dem Laufe der Jahrzehnte, ein Spiel in 10 verschiedenen Kameraperspektiven zu sehen, Photomontagen). Etwas versteckt in einem Eck im zweiten Stock sieht man die Fernsehbilder von Heysel und Hillsborough, wo es einem die Sprache verschlägt.
Amüsant ist die Präsentation des Nagels, der Ballesterer-Doktor Wolfgang Pennwieser nach einer Fußballverletzung eingesetzt werden mußte, gleich neben der Replik des Maradona-Altars in Neapel. Und die Videoinstallation Drama des Lebens war sehr ergreifend - was anderes ist Fußball als große, dick aufgetragene, plakative Emotionen? Irgendwelche interaktiven Spielereien gibt's auch (z.B. das Färöer-Match nachspielen und gewinnen), hab' ich nicht gebraucht, aber das ist wohl für die Playstation-Generation.

P.S.: Daß es im 2. Stock weitergeht, sollte man ein bisserl besser ausschildern.




Johann Skocek (Red.)
herz:rasen
Der Katalog zur Fußballausstellung
Wien 2008 (Echomedia Verlag)
94 S.




Der Katalog bringt die multimediale Derschlagung der Ausstellung nicht rüber und ist eher klassisch gehalten, indem er Bilder dokumentiert (sehr, sehr schön!) und ein intelligente Texte enthält. Ein schönes und gutes Produkt, aber eigentlich hätt' ich nach der Ausstellung zumindest ein Hologramm oder so was erwartet.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen