Übersichtsseiten:

Mittwoch, 10. Oktober 2007

11 Freunde, 71



Rezension


11 Freunde
Magazin für Fußball-Kultur
Nr.71, Oktober 2007
114 S.





Diesmal gibt es in 11 Freunde eine sehr schöne, aber vor allem auch historisch informative Titelgeschichte (von Jens Kirschneck und Matthias Paskowsky) über das Singen beim Fußball: "Wer behauptet, das Singen sei so alt wie der Fußball, der irrt. Im Grunde begann alles erst 1963 in Liverpool. Heute ist der Fangesang der vielleicht letzte authentische Rülpser in einer immer sterileren Fußballwelt. Willkommen im Circus Maximus."

Liverpool, frühe 60er Jahre: "Damals trat die Liverpooler Popgruppe The Beatles ihren Siegeszug um die Welt an und Bill Shanklys Arbeit begann an der Anfield Road Früchte zu tragen. Erstmals wurde eine WM im Fernsehen übertragen, und aus Chile wurden die ryhtmischen "Brasil"-Rufe in die englischen Wohnstuben gefunkt. Das zeigte Wirkung. In den Stadien der Insel waren bis dahin alle Gesänge mit dem Anpfiff schlagartig abgeebbt und hatten ein akustisches Vakuum hinterlassen, das Pfiffe, Flüche und Applaus nicht wirklich ausfüllen konnten. Doch die Animation aus Südamerika und parallel der internationale Erfolg der Beatles wehte einen frischen Wind über den Mersey, die Popkultur begann den Fußball zu unterwandern. "Love me do" und "She loves you" schallte es aus dem Kop. Schließlich nahmen die Liverpudlians 1963 "You'll never walk alone" für sich in Beschlag und machten die Musicalschnulze, die bis in die frühen 60er Jahre hinein bestenfalls auf Beerdigungen gespielt worden war, zur Fußballhymne schlechthin."

Ganz nett ist auch, wenn man das Heft durchblättert und dann plötzliche ein doppelseitiges Bild der Hohen Warte sieht, das ein Photoessay über den Wiener Fußball mit (Bilder und Zitaten von und über Ostbahn XI, FavAC, Vienna, FAC, Austria und Rapid) einleitet. Die Bilder sind wirklich cool, ansonsten wird da doch ein ziemliches Klischee-Bild vom charmant-nekrophilen, grantelnden Wien strapaziert.

Interessant ist ein Bericht über die Initiative MyFootballClub, einer englischen Initiative, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, einen Verein zu kaufen (was drüben ja einfach geht) und als Faninitiative über Online-Abstimmungen zu führen. 50.000 haben sich auf der Website registriert und sind mit £ 35 dabei. Werbeslogan "It's not fantasy. It's not a game. Become an owner-manager of a real football club." NachahmerInnen anderswo haben sich auch schon gefunden. Was es nicht alles gibt auf der Welt.

Und auch schön ist eine Geschichte über Empoli FC, für italienische Verhältnisse der Dorfklub in der Serie A (ca. so groß wie St. Pölten). Die beschauliche kleine Welt in der Toskana. Solche Porträts sind ja wirklich immer nett zu lesen und wer denkt sich da nicht "ach, liab". Aber irgendwie wird einem das durch unsere Liga, die ja zu einem Drittel aus Dorfklubs besteht, ausgetrieben. Wennst einen surrealen Dorfklub hast, zu demst nette Landpartien hin machst und dich über die Handvoll "Fans", die zu dir ins Stadion kommen, amüsierst, ist das ja leiwand. Aber wennst das ein Mal im Monat hast, ist's halt mühsam. Für die Verstädterung Österreichs und die Fußballisierung der österreichischen Städte.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen