Dienstag, 12. Januar 2021

Scheiß AFD, 23



Rezension


Scheiß AFD
Fanzine der Usual Suspects Darmstadt
Rückrunde 2019/20
Ausgabe 23
118 S.









„Lilienfieber statt Corona: Ansteckende Abenteuer / Kranke Auslandstouren in 13 Länder / Diesmal mit viel weniger Inhalt!“ verspricht die Ausgabe gleich am Titelblatt verheißungsvoll. Erschienen ist das Heft laut Vorwort „irgendwann zwischen zwei Lockdowns 2020.“ Den Umständen entsprechend gibt es zwar weniger Umfang, aber dennoch Amüsantes und Lesenswertes im Fanzine der Usual Suspects Darmstadt (Vorgängergruppe Allesfahrer Darmstadt = AFD). In chronologischer Abfolge von Spielbesuchen beim eigenen Verein sowie kürzeren und längeren Fußballreisen, wie man es eben erlebte, führen die Spielberichte wieder durch ein halbes Jahr.

Das Heft beginnt mit dem Spiel des SV Darmstadt 98 gegen den HSV am 21.12.2019. Die Darmstadt-Spielberichte begleiten einen von hier ausgehend über das Wintertrainingslager bis zu den letzten Spielen vor dem März-Lockdown. Dabei kann man in den sichtlich zeitnah nach den Spielen niedergeschriebenen Texten auch schon nachverfolgen, wie das Thema das Jahres erstmals auftauchte und anfangs noch ein Randthema blieb bzw. erst einmal durch Freundschafts-Massenbesuche aus Bern präsent war, da die Schweiz bereits früh im Februar den Spielbetrieb anhielt und die Young Boys daher nicht mehr spielten. Die Geisterspiele finden sich dann nicht mehr im Heft. „Wir haben uns entschlossen, dass die Berichte-Saison – ähnlich wie in unseren Köpfen – mit dem letzten normalen Spiel daheim gegen Bochum endet. Zwar schaffte es der ein oder andere Redakteur zu dem ein oder anderen Geisterspiel unseres sehr familiären Vereines, aber dennoch hatte das einfach mit dem Fußball, wie wir ihn lieben, nichts zu tun und soll dementsprechend hier auch nicht supportet werden.“

Das Heft beschließt ein Groundhoppingbericht vom 14.7.2020 von einem Besuch bei Viktoria Žižkov. „Natürlich haben auch wir die Völkerwanderung gen Klobása-Land nach der Grenzöffnung mitgemacht. Ihr dürfte also gerne nachlesen, wie wir den Kick fanden, bei dem 50% von euch wahrscheinlich auch selbst gewesen sein dürften.“ Das Hoppingjahr 2020 beginnt im Heft mit den als Rahmenprogramm zum Wintertrainingslagerbesuch im Jänner in Spanien besuchten Spielen. In Madrid konnte am Trainingsgelände von Real Madrid auf Campo 5 ein U19-Spiel besucht werden. Am Estadio Alfredo di Stefano wurde man dort aber abgewiesen, da die Spiele der zweiten Mannschaften hier nur Vereinsmitglieder besuchen dürfen. Eine andere Reisegruppe war derweilen in Algerien unterwegs, worüber man hier interessante Eindrücke erfährt. Eindrücklich sind auch wieder die Erzählungen des mit San Lorenzo in Argentinien unterwegs seienden Redaktionsmitglieds, der neben den Spielen u.a. von einer prominent besuchten Hochzeit berichtet.
Bei über der Hälfte des Hefts ist man zeitlich erst im März angelangt. Immerhin liest man noch von einem England-Trip am 14. März, als diesseits des Ärmelkanals bereits alles beendet war. Die geplante Fortsetzung am nächsten Wochenende zerschlug sich, nachdem auch jenseits des Kanals bei den Verantwortlichen die Sachlage gesickert war. Derselbe reisedurstige Darmstädter machte sich aber zwei Monate später schon wieder auf die Reise und flog ab Mitte Mai dreimal nach Stockholm, da dort Jugendspiele stattfanden und zugänglich waren (er sah U19, U17 und U15). Die Einreisemodalität wird als teilweise problemlos und teilweise mühsam beschrieben. Dies schien wie so oft davon abhängig gewesen zu sein, an wen man gerät. Aber er kam jedesmal nach Schweden hinein und konnte auch einfach nach Deutschland wiedereinreisen, da eine Ausnahme von der Quarantänepflicht bestand, wenn man weniger als 48 Stunden im Ausland verweilt war. Die Information darüber löste aber bei der Lektüre eine Aha-Effekt aus, wie das Fußballreisen im Mai 2020 manchen Deutschen möglich war. Darüber war ich seinerzeit verwundert gewesen. Eine 48h-Ausnahme von der Quarantänepflicht bei Einreise gab es in Österreich nämlich nicht.

Nach der zwischenzeitlichen Grenzöffnung kann man aus dem Juni und Juli 2020 hier Groundhoppingberichte aus Polen, wo 25% der Kapazität der Stadien geöffnet wurden, sowie dem eingangs angesprochenen in jener Zeit gelobten Land Tschechien lesen. Zahlreiche fußballhungrige Deutsche strömten ins Land. So waren die Darmstädter bei einem Jugendturnier, wo von den 30 Zuschauerinnen und Zuschauern nur zehn Einheimische waren oder bei einem Erstligaspiel in Teplice, wo unter 2.000 Zuschauerinnen und Zuschauern 300 deutsche Groundhopper anwesend waren. Bei Dukla Prag durfte man Zeuge des „wohl lächerlichsten Flitzer-Versuchs der Geschichte“ werden. Aus einer „Horde deutscher Grünschnäbel“ versuchte einer nach sechzig Minuten das Feld zu stürmen. „Wer allerdings bereits auf der Aschebahn von Ordnern abgefangen und beim Versuch, seinen fetten Arsch über selbige zu multiplizieren, gegen die Werbebande getackelt wird, hat nicht mal den Namen ,Flitzer‘ verdient.“

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