Freitag, 25. Dezember 2020

Grober Schnitzer, 15





Rezension


Grober Schnitzer
Ausgabe 15
September 2020
128 S.









Auf 128 Seiten erfreut der Grobe Schnitzer mit Berichten über allerhand Groundhopping, die Spiele von Werder Bremen sowie mit Interviews und Rezensionen.

Die Schnitzer-Hopping-Saison 2019/20 begann im Juni 2019 beim Cork City FC im Rahmen einer Irland-Reise, auf der auch ein Besuch beim Bohemians FC am Programm stand. Hierzu findet sich mit einem Bohemian-Lad auch das erste Interview im Heft. Es ist eine sehr gute Sache, wie hier bei vielen Berichten zuvor im Text angesprochene Aspekte nochmal in einem Gespräch vertieft werden.
Witzig und informativ ist ein Kooperationsbericht mit dem Daggl vom Besuch beim FK Partizani Tirana, beim dem der Nürnberger Freddy den Matchbericht verfasste und Siggi vom Schnitzer ein Interview mit einer Person aus der Partizani-Fanszene (Ultras Garda) führte: Informativ aufgrund der lesenswerten Inhalte, witzig wegen der von Freddy geschilderten Entstehungsgeschichte: „Plötzlich erkenne ich in naher Entfernung ein vertrautes Gesicht. Der Typ, der mit seiner Freundin unterwegs ist, erwidert meinen Blick. Auch er scheint mich zu erkennen. Es sind nur Sekundenbruchteile, bis wir aufeinander treffen und die Zahnrädchen in meinem Gehirn rattern. Wer ist der, woher kenn ich den?“ Eine selbst nur allzu vertraute Situation.

In Třinec hatte Stefan das Glück, den Verein nicht im kleinen Stadion Rudolfa Labaje sondern daneben im großen Městský stadion na Lesní spielen zu sehen. Nachdem sich auch hier im Heft nun ein Besuch in Čierny Balog samt Zugs-Durchfahrt findet, keimt der Gedanke, das auch einmal ernsthaft angehen zu sollen.
Aus Italien finden sich auch wieder einige schöne Berichte. So lerne ich etwa, dass das Spiel zwischen Crema und Fanfulla „derby del latte“ heißt. In der wie gewohnt in nur kurzen Beiträgen zusammengefassten Sammlung an Benelux-Hopping gibt es u.a. eine Liste an 13 „Must Have Grounds in Belgien. Ich habe davon keinen einzigen. Zwei habe ich zumindest leer besichtigt. Bedauerlich. Glücklicherweise mache ich mir nichts aus Listen und Rankings, aber Benelux ist eben auch nicht gerade mein direkter Umkreis.
Nach dem Trespass lese ich hier in kurzer Zeit erneut einen Hoppingreisebericht aus Jordanien, der aufgrund der Kulturbesichtigungen interessant klingt. Hier wurde noch dazu auch Vereinsfußball und nicht nur ein Länderspiel besucht, was den praktischen Wert für Gedankenspiele erhöht.

Corona ist natürlich auch hier ein Thema und so ging es auch für den Groben Schnitzer im Juni 2020 nach Tschechien zum Fußball. Dass man dabei nicht alleine war, wurde schon oftmals erwähnt, ist aber dennoch immer wieder bemerkenswert. So beim Testspiel der zweiten Mannschaften der Prager Bohemians im Sportcentrum Uhříněves: „Auf dem kleinen Parkplatz vor dem Stadiontor stapelten sich Fabrikate mit deutschen Nummernschildern, irgendwer hatte wohl mal zehn Minuten vor Anpfiff durchgezählt und nicht weniger als 36 Autos aus Deutschland sowie eines aus Österreich registriert.“ Anschließend ging es weiter nach Teplice und auch hierbei war man nicht allein unterwegs: „War fast schon ne deutsche Pkw-Kolonne hoch über die Autobahn.“
Stefan hat dabei auch eine klare Meinung zum verbreiteten Hopper-Gruppenverhalten: „Von diesem erbärmlichen Einloggen/Ausspionieren via Groundhopper App (ey, welcher halbwegs normal denkende Mensch loggt sich da eigentlich vor oder während des Spielbesuchs ein?!) halte ich gar nichts. Müll!“

Zu den Werder-Spielen gibt es bei den Berichten im Hauptteil wieder die interessante Gegenüberstellung mit Eindrücken aus den Infozines gegnerischen Kurven. Highlight hierbei die ergänzende Geschichte (ein Abdruck aus einem Podcast) zum Werder-Spiel in Leverkusen, wie 2002 Toni Schumacher dem damaligen Vorsänger ins Gesicht schlug („Der hat mir den Jochbogen und ein Stück der Augenhöhle gebrochen mit dem einen Bumms.“) nachdem die Auswärtsfans am Weg zum Stadion auf der Straße marschiert waren und damit den Bayer-Spielerbus aufgehalten hatten.

Interessant und anregend ist der mit 15 Seiten umfangreiche Fanzine-Rezensionsteil. Weiters gibt es auch erneut einen Text von Quartograd (calcio popolare in Neapel). Als jemand, der um Nahrungsaufnahme und Durststillen wenig Aufhebens macht, beeindruckt eine auf der Statistik-Seite verzeichnete Auflistung samt Mengenangaben der von der Redaktion in der Saison 2019/20 getrunkenen Biersorten. Insofern: Prost!

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