Donnerstag, 31. Dezember 2020

Green Monsters – Bildchronik von einem Vierteljahrhundert




Rezension


Green Monsters '95
XXV
Bildchronik von einem Vierteljahrhundert
Budapest 2020
336 S.







Zu ihrem 25-jährigen Jubiläum brachten die Green Monsters des Ferencvárosi Torna Club im Juni 2020 mit dem ungarischen Untertitel Negyedévszázad képes krónikája (gleichlautend wie in der Übersetzung) ein Buch heraus, das nun auch in deutscher Sprache verfügbar ist. Es ist ein Bildband mit unzähligen Fotos aus diesem Vierteljahrhundert. Dazu gibt es begleitende Texte zu verschiedenen Aspekten der Geschichte, die einen Hintergrund zum Gesehenen vermitteln.

Schon der Anfang des Buchs hat es in sich: „Green Monsters. Ja, wir wissen, kein besonders kreativer Name, und noch dazu nicht in Ungarisch sondern in English. Um einen Fanclub zu benennen, muss man nicht zu viel denken. [...] Was wichtig ist, sind die 25 Jahre, die diesem Namen Bedeutung gegeben haben und ihn mit Inhalt gefüllt haben. [...] Am Spielfeld, auf den Rängen, auf der Straße, in allen Sparten der Bewegung. So wurde der Name ein Teil der Geschichte, der für Fans aus der Kurve und auch für Außenstehende die Definition von Ferencvárosfans, vom B-Közép, ist. GREEN MONSTERS. Na, klingt es schon besser?“ Ein beachtlicher Einstieg.

In einzelnen Kapiteln wird die Geschichte chronologisch im Fünfjahressegmenten mit Bildern und Text dazu dargestellt. Daneben werden spezielle Themen in eigenen Abschnitten behandelt. Zu sehen sind Bilder von Tifo-Aktionen, Choreographien, Spruchbändern, viel Pyro, die eine oder andere Ausschreitung. 2006 musste Ferencváros einen Zwangsabstieg in die zweite Liga hinnehmen, in der man einige Jahre verbrachte. Als mit dem Abstieg viele Spieler den Verein verließen und es ein großes Thema war, wer seinen Vertrag erfüllen würde, wurde im ersten Zweitligaspiel „Unser Vertrag gilt lebenslang!“ als Spruchband präsentiert. Der Satz ziert seither bei jedem Heimspiel das Vorsängerpodest, da er viel ausdrücke: „Jeder, der die Essenz dieses Satzes versteht, versteht was dieses Buch erzählen möchte.“

Abseits der kurzen Einführungen zu den chronologischen Kapiteln sind die Texte aus einer persönlichen Perspektiven mit persönlichen Worten geschrieben sind, was sie spannend macht. „Eigentlich brachte das Match das Feuer zu den Fans, nicht umgekehrt. Die Organisation und Proaktivität fehlte komplett.“ erzählt einer der Gründer in seinem Text zu den Jahren 1995 bis 2000 von der Atmosphäre im Stadion Anfang der 1990er Jahre. Er berichtet anschaulich, wie aus einem Kreis von Freunden der Kern der Gruppe wurde, man knapp vor dem ersten offiziellen Spiel am 20. Mai 1995 den Fetzn machte und die Reise begann, die erst im Durchsetzen in der eigenen Kurve bestand. Durch die persönliche Schilderung hat das eine Würze und beinhaltet auch Anekdoten. Mit Schmunzeln liest man, wie die Motivation in der Kurve zu Auswärtsfahrten gesteigert wurde, damit der B-Közép auch auswärts stärker vertreten war: „Wir erklärten die Vorteile von Zugfahrten für die Kurve: Die Ungarische Bundesbahn gewährte uns einen Fahrkartenrabatt. Na gut, ehrlich gesagt, war das nicht so und viele Tickets wurden von uns einfach nicht bezahlt. Für die Schaffner in den Zügen war das kein großes Problem. Um unser Ziel zu erreichen, reichten etwas Taschengeld für die Schaffner, leere Versprechen oder manchmal auch laute Worte. Im Nachhinein bin ich nicht mehr stolz darauf. Obwohl ich weiß, dass die Ungarische Bundesbahn wegen uns nicht kurz vor dem Konkurs stand, möchte ich mich entschuldigen. Es tut mir leid.“

Politik steht nicht im Zentrum der Aktivitäten, die Positionierung ist aber klar. „Das christlich-nationale Selbstbewusstsein der Mitglieder ist stark.“ wird das an einer Stelle in Worte gefasst. In der Fotosammlung ist u.a. auch ein Bild des Gedenkspruchbands dokumentiert, das 2013 für einen kurz zuvor verstorbenen ehemaligen Polizeikommandanten des seinerzeit ungarisch besetzten Košice gezeigt wurde, der dort 1944 die Ghettoisierung und Deportation zur Ermordung ins KZ Auschwitz von 15.700 Jüdinnen und Juden durch seine Truppe organisiert hatte. Das Spruchband fand damals 2013 international mediale Beachtung, wird hier aber nicht hervorgestrichen.
Man erfährt von der Erstellung von Choreographien früher („Alles wurde auf einem karierten Papier entworfen. Es war viel wert, gut malen oder schön schreiben zu können.“), Gruppenaktivitäten wie gemeinsamen (abenteuerlichen) Sommerurlauben, „Fradibox“ und den karitativen Spendensammlungen für ein Budapester Kinderkrankenhaus. Man sieht Bilder von Choreoentstehungen, Graffitis und Pickerln. Man liest von der Entwicklung des B-Közép. Die choreographische Entfaltung fand in den letzten Jahren zu Recht Aufmerksamkeit.

Rapid gilt eine eigenes Kapitel, in dem die Entwicklung der Beziehung beschrieben wird. Von ersten Anfängen in den 1990er Jahren („Anfangs waren die Pumukli Casuals die erste Gruppe von Ferencváros, die zu den Grün-Weißen nach Wien fuhr.“) über die erste Monsters-Kontaktaufnahme bei einem SCR-FTC-Sommertestspiel 1997 „in einer kleinen Stadt im Burgenland“ (Halbturn, in der Eintrittskartensammlung am Buchende ist ein Ticket davon zu sehen), Entwicklung persönlicher Kontakte mit der UR-Gioventù bei einem Spiel 2003, Spendenaktion und Benefizspiel Rapids nach dem Abstieg bis zur intensiven Freundschaft mit den Tornados. „Diese Freundschaft ist für uns von großem Wert und wir können einer der besten Kurven Europas nur dafür danken, dass sie uns mehrmals ihre Loyalität bewiesen hat.“ Das älteste Rapid-Foto im Heft zeigt den damaligen Monsters-Fetzn (sowie Western Greens) in der Kurve bei einem Auswärtsderby im Happelstadion am 15. August 1997 hängen. Weiters sind hier Freundschafts-Choreographien in Wien und Budapest der letzten Jahre und gemeinsame Gruppenfotos von Green Monsters und Tornados zu sehen.

Nochmal zurück zu den einleitenden Worten im Vorwort des Buchs, welche die 25 Jahre reflektierten: „Natürlich ändert sich im Laufe der Jahre viel, aber zum Glück sind manche Sachen immer noch die gleichen. Zusammenhalt, Kampf, gute Laune.“

Hinweis: Erhältlich demnächst im BFU-Shop.

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