Donnerstag, 20. August 2020

1899fm – Folgen 34 und 35




Rezension


Heinz Deutsch
1899fm
Rapidfunk
1899fm.net







In einer wieder etwas längeren Folge unternimmt Heinz Deutsch in Folge 34 seines 1899fm-Podcasts eine Zeitreise von den 1970er in die frühen 1990er Jahre mit Franz Binder jr., dem Manager des Vereins in dieser Zeit. Eingangs erzählt Binder vom Aufwachsen als Sohn des berühmten Franz „Bimbo“ Binder, wodurch er schon als Kind viel herumgekommen ist. 1979 bis 1985 und 1987 bis 1994 war Binder jun. Klubmanager („Leiter der Geschäftsstelle“) beim SK Rapid. Das Sekretariat übersiedelte er vom alten Büro am Urban-Loritz-Platz ins Weststadion (später Hanappi-Stadion). Im Stadion führte er die Sektorentrennung ein, wodurch es nicht mehr möglich war, sich billigere Hintertorkarten auf West und Ost zu kaufen und dann auf teurere Längsseitenplätze zu setzen. „Der Karten-Durchschnittspreis ist natürlich sprunghaft angestiegen und so konnte man eigentlich nach Jahren das erste Mal wieder sagen: Die Zuschauer tragen etwas zum Budget bei. Das war ja vorher derartig gering.“
Als Beispiel der Verhältnisse erzählt Binder von einem Heimspiel gegen Austria Salzburg: „Da waren dreieinhalbtausend Zuschauer. Dann macht unser 75-jähriger Kartenabrechner mit einer mechanischen Rechenmaschine die Kartenabrechnung, legt sie mir vor für meine ersten Unterschriften und ich sehe: Von 3.500 1.700 Freikarten. Da habe ich gesagt: Was ist denn das, wer kriegt denn die? Na, der hat 50 und der kriegt immer 20 und der ... Da habe ich gesagt: Wer muss was kriegen? Polizei, Rettung, ÖFB für die Ausweise etc. Das sind 350. Alle anderen sind gestrichen. So habe ich mit einer Unterschrift 1.200 Feinde gehabt. Es hat keine Freikarten mehr gegeben. Aber es war natürlich auch das Argument: Ihr wollt eine gute Mannschaft sehen? Eine gute Mannschaft kostet Geld und Geld bringen auch die Zuschauer.“ Er habe als einer der ersten Vereine auch einen professionellen Ordnerdienst mit einer Firma bestellt. „Denn was bei den Kartenabreißern passiert ist, war ja auch sensationell. Ich habe manchmal stichprobenartig die Sackerln einsammeln lassen, bevor die Drehkreuze geschlossen haben. Was man da alles drin gefunden hat, was als Karte abgerissen worden ist ... das hätte man ja ins Heimatmuseum geben können.“ Obwohl man für die Ordnerdienst-Firma zahlen haben müsse, habe Rapid am Spieltag mehr Nettoeinnahmen gehabt als vorher.
Ins Schwärmen kommt Binder verständlicherweise über die große Mannschaft der 1980er Jahre. Faszinierend, wie Binder sich detailliert bis in Einzelheiten an das berühmt-berüchtigte Celtic-Spiel 1984 oder an die Nebelschlacht von Lüttich 1989 erinnert und davon erzählt. Man hört gespannt zu. „Das Geheimnis der achtziger Jahre war, dass sieben oder acht Stammspieler alle vier Meisterschaften und alle vier Cupsiege mitgemacht haben.“ so Binder.

Während die letzten Ausgaben des Podcasts sich mehr mit der Vergangenheit beschäftigten, so Heinz Deutsch in der Einleitung, widmet sich Folge 35 mehr der Zukunft. Willi Schuldes, sportlicher Leiter von Nachwuchsakademie und Rapid II ist zu Gast. Schuldes erklärt zunächst den Aufbau der Nachwuchsstruktur bei Rapid. Zur Perspektive der Amas in der 2. Liga meint Schuldes, dass man genügend junge Spieler habe, für die es Sinn habe, in der zweiten Liga zum Einsatz zu kommen. Wichtiger sei aber, dass intern abgestimmt ist, dass der Übergang von der zweiten in die erste Mannschaft funktioniert als in welcher Liga sie spielen. Es habe aber mehr Sinn, wenn der Sprung nicht so groß sei. Nachwuchsligen-Tabellen schaue er sich unter dem Jahr nicht an, sagt Schuldes. Man versuche die Spiele zu gewinnen, aber nicht um des Gewinnens wegen, sondern weil man sein Konzept durchziehen wolle. In der Entwicklung und Ausbildung gehe es um individuelle Spieler und ihren Charakter. „Du brauchst einen Plan, Strategie, und Leute, die fähig sind, das umzusetzen. Und du brauchst im Nachwuchs Geduld, Zeit und Vertrauen. Vertrauen in deine Leute, aber auch das Vertrauen der handelnden Personen in dich.“ so Schuldes.

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