Samstag, 30. November 2019

Sarajevo – Željezničar 1:3 (1:1)

Bosnien und Herzegovina, Premijer liga BiH, 18. kolo, 30.11.2019
Olimpiski stadion Asim Ferhatović-Hase, 15.000

Im stimmungsvollen Derby von Sarajevo gewann Željo beim letztjährigen Doublegewinner FK Sarajevo. Der FK Sarajevo ging zwar nach zwölf Minuten in Führung, doch die Gäste glichen noch vor der Pause per Freistoß aus und erzielten bald nach Wiederanpfiff nach der Pause ihren Führungstreffer. Die Entscheidung zum 1:3 fiel per Elfmeter, womit Željezničar mit diesem verdienten Sieg auch die Tabellenführung übernahm.
Es trafen hier der aktuelle Meister FK Sarajevo (vierter Meistertitel 2018/19) und der Rekordmeister FK Željezničar (sechs Meistertitel, ex aequo mit Zrinjski Mostar) der seit 1994 bestehenden bosnisch-herzegovinischen Meisterschaft aufeinander. Nach diesem 140. Sarajevski derbi oder auch vječiti derbi (ewiges Derby) gibt es nun 43 Siege des FK Sarajevo, 44 von Željeznicar und 53 Remis.
Die Horde Zla („Horden des Bösen“) des FK Sarajevo zündete einiges an Pyro, vor allem eine beachtliche Rauchwolke kurz nach Spielbeginn. Besungen wurde u.a. Vedran Puljić, Fan des FK Sarajevo, der im Oktober 2009 im Rahmen eines Auswärtsspiels in Široki Brijeg von Polizisten erschossen wurde. An ihn erinnern auch Graffiti.
Gegenüber im Auswärtssektor um die Manijaci oder englisch Maniacs von Željezničar wurde mit Pyrotechnik auch nicht gegeizt. Numerisch und akustisch hatte man vom subjektiven Eindruck her im Derby auf den Rängen die Nase vorn. Zum Spiel waren die Gästefans in einem Corteo marschiert.
Der Fudbalski klub Sarajevo entstand 1946 aus der Fusion von FK Udarnik und SDM Sarajevo. Ab dem Jahr 1950 spielte der FK Sarajevo regelmäßig in der ersten jugoslawischen Liga, die man 1966/67 und 1984/85 gewinnen konnte. Neben den zwei jugoslawischen Meistertiteln war man zweimal Meisterschaftszweiter (1964/65 und 1979/80) und erreichte zweimal das jugoslawische Cupfinale (1966/67 und 1982/83). In den beiden Hochphasen in den 1960er Jahren und den 1980er Jahren schied man 1967 im Europacup der Meister in der zweiten Runde gegen den späteren Europacupsieger Manchester United nach 0:0 zuhause mit 2:1-Niederlage in Old Trafford nur knapp aus. Im UEFA-Cup 1982/83 schaffte Sarajevo es mit Siegen über Slawija Sofia (Bulgarien) und Corvinul Hunedoara (Rumänien) in das Achtelfinale, wo man gegen den späteren Titelgewinner RSC Anderlecht ausschied. Als bosnischer Vertreter ist der FK Sarajevo in den letzten beiden Jahrzehnten regelmäßig für den Europacup qualifiziert, schaffte es aber mit Ausnahme der Europa-League-Play-off-Teilnahmen 2009 (gegen CFR Cluj) und 2014 (gegen Borussia Mönchengladbach) nicht über die ersten Qualifikationsrunden hinweg. Im bosnisch-herzegowinischen Fußball wurde der FK Sarajevo 1998/99, 2006/07, 2014/15 sowie 2018/19 viermal Meister und 1996/97, 1997/98, 2001/02, 2004/05, 2013/14 sowie 2018/19 sechsmal Cupsieger. 2013 bis 2019 hatte sich der malaysisch-chinesische Milliardär Vincent Tan den FK Sarajevo gekauft, der nebenbei auch noch Cardiff City, KV Kortrijk und den Los Angeles FC besaß. Im März 2019 verkaufte er den Verein an vietnamesische Geschäftsleute.
Im Bosnien-Krieg, als hier nicht mehr gespielt werden konnte, flohen die Mannschaft und Vereinsmitarbeiter des FK Sarajevo 1993 über einen 200 Meter langen Korridor unter Beschuss der auf Dächern und den umliegenden Bergen um die Stadt postierten serbischen Scharfschützen zum von der UNO kontrollierten Flughafen. Der FK Sarajevo reiste um die Welt, spielte im Namen der Stadt Sarajevo und von Bosnien-Herzegovina Freundschaftsspiele und sammelte dabei Geld für die Heimat (54 Spiele in 17 Ländern). Am 20. März 1994 ermöglichte ein kurzzeitiger Waffenstillstand eine Rückkehr. Knapp 40.000 Zuschauerinnen und Zuschauer sahen hier einen 4:0-Sieg des FK Sarajevo gegen eine UNO-Soldaten-Auswahl.
Das Olimpiski stadion Asim Ferhatović-Hase wurde nach drei Jahren Bauzeit 1950 als Stadion Koševo eröffnet, benannt nach dem Stadtteil Koševo. Das heutige Aussehen erhielt es im Wesentlichen bei der Renovierung als Olympiastadion der Olympischen Winterspiele von 1984 in Sarajevo. Im Krieg von 1992 bis 1995 wurde das Stadion bei der serbischen Belagerung der Stadt schwer beschädigt, als bosnischer Armeestützpunkt verwendet und auf den damaligen Trainingsplätzen zahlreiche der in den 1.425 Tagen Belagerung getöteten 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt begraben. Nach dem Krieg wurde das Stadion wieder in Stand gesetzt. 2004 wurde es nach einer Vereinslegende des FK Sarajevo, Asim Ferhatović, genannt Hase, benannt. Für den FK Sarajevo hatte er 1952 bis 1967 in 602 Spielen 478 Tore geschossen und wurde 1966/67 jugoslawischer Meister. Ein Denkmal erinnert vor dem Stadion an ihn und ein weiteres Denkmal an die Kriegstoten. Heute gibt es im Stadion 34.500 Plätze. Die grünen Sitze lassen das Stadion ein wenig dem Münchner Olympiastadion gleichen. Den Rekordbesuch gab es bei einem Sarajevo-Derby 1981/82, als sich hier rund 60.000 Zuschauerinnen und Zuschauer drängten. Eine offizielle Zahl wurde nie veröffentlicht, die Medienangaben schwankten zwischen 55.000 und 64.000.
Vor dem Spiel wurde die Stadt Sarajevo besichtigt.