Freitag, 22. März 2019

Hans Menasse – The Austrian Boy


Rezension


Alexander Juraske / Agnes Meisinger / Peter Menasse
Hans Menasse
The Austrian Boy
Ein Leben zwischen Wien, London und Hollywood
Wien 2019 (Böhlau)
180 S.






Hans Menasse ist „ein Mann mit vielen Identitäten: ein Wiener, ein Kosmopolit, ein Vertriebener, ein Rückkehrer, ein Einzelkämpfer, ein Teamplayer, ein Netzwerker, ein Familienmensch, ein Mann mit einer außergewöhnlichen Lebensgeschichte.“ So stellen die Autoren und die Autorin den Protagonisten ihrer Biographie vor. Als jüdisches Kind aus Wien konnte er sein Leben vor den Nazis durch Flucht mit einem Kindertransport nach England retten. Als Jugendlicher kehrte er in das kriegszerstörte Wien zurück, in dem seine Eltern unter Schrecken überlebt hatten, da seine nicht-jüdische Mutter dem Druck widerstanden hatte, sich von ihrem Mann scheiden zu lassen und sich das Leben zu erleichtern, aber ihn so dem Tod auszuliefern. Aus England kam Hans Menasse als talentierter Fußballer zurück. Sein Vater, Vienna-Anhänger, brachte ihn auf die Hohe Warte, wo er mit der Vienna erfolgreich war und Nationalteamspieler wurde. Schließlich spielte Hans Menasse auch bei der von ihm favorisierten Wiener Austria, bei der er später auch langjähriger Funktionär war. Aufgrund seiner englischen Sprachkenntnisse arbeitete er jahrzehntelang als Pressesprecher für US-amerikanische Filmproduktionen in Österreich. Ein bewegtes Leben. Von seine drei Kindern sind Robert und Eva Menasse als Schriftsteller und Schriftstellerin bekannt.

Eindrücklich sind vor allem die Schilderungen der Kindheit in Wien unter den Nazis, dem Verlust der Existenzgrundlage der Familie durch Gewerbeverbot für Jüdinnen und Juden, den Rausschmiss aus der Wohnung durch einen bekannten Vienna-Spieler, der sich ihre Wohnung samt Inventar raubte „(arisierte)“ und der Bemühungen der Eltern um eine Flucht, die ihnen nicht gelang, aber zumindest ihre beiden Söhne außer Landes bringen und damit ihr Leben retten konnte. Ebenso das Leben Hans Menasses in England während des Kriegs als auf sich allein gestellter Achtjähriger, der aber nach einiger Zeit in eine Gastfamilie kam, die ihn warmherzig aufnahm und großzog.

Im zweiten Abschnitt gehr es um die Fußballkarriere Hans Menasses im Nachkriegsösterreich. Im dritten Abschnitt des Buchs wird Menasses berufliches Leben im Umgang mit Prominenten aus der Filmbranche behandelt. Im letzten Teil gibt es persönliche Annäherungen an die Familie Menasse.

Da es sich in der Zeit von Menasses Fußballerkarriere um eine erfolgreiche Periode in der Geschichte der Vienna handelt (Meister 1955), erfährt man hier interessante Begebenheiten. Ein Sittenbild des damaligen Fußballsystems bietet der „lange Abschied“ Menasses von der Vienna. Eine von 1955 bis 1957 währende Entfremdung resultierte nicht in schneller Trennung, wie das heute wohl in kurzem Prozess geschehen wäre, sondern in jahrelang dauerndem Gezerre.

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